Full text: Die Mittelstandsbewegung und das Warenhausproblem

Die Mittelstandsbeivequng und das Warenhausproblein. 161 
politisch können also mancherlei Gründe gefunden werden für 
eine Gewerbesteuerskala, die bestimmte Großbetriebe pro 
gressiv faßt. 
Man verstehe mich nicht falsch. Ich halte solche Gründe 
natürlich nicht für echte und überzeugende, sondern für reine 
Scheingründe, mit denen bekanntlich unsere modernen Steuer 
dialektiker mit Vorliebe arbeiten. Bei der Beratung des 
preußischen Kommunalabgabengesetzes ist wiederholt und ganz 
klar ausgesprochen worden, daß die sogenannten „Sonder 
gewerbesteuern" nach festen und gleichmäßigen Grundsätzen 
aus alle Steuerpflichtigen 511 verteilen seien. Ter damalige 
Ministerpräsident Graf 31t Eulenburg gab bei der ersten Lesung 
am 25. Februar 1893 folgende Erklärung ab: „Es ist eine 
der hauptsächlichsten Aufgaben des staatlichen Aufsichtsrechts, 
dafür zu sorgen, daß nicht einzelne Klassen oder einzelne 
Schichten in der Gemeinde über Gebühr und in unrechtmäßiger 
Weise herangezogen werden." Leider sind solche Begriffe, wie 
„über Gebühr" und „in unrechtmäßiger Weise", ungemein 
unsichere. In der Praxis heißt das Motto manchmal anders: 
„im Auslegen seid frisch und munter! Legt Jhr's nicht aus, 
so legt was unter!" 
Auch steuerpraktisch und steuertechnisch kommt man, 
wenn matt dem Gedankengange der Befürworter einer Um 
satzsteuer folgerichtig nachgeht, zu dem geradezu komisch 
wirkenden Resultat, daß matt die Warenhäuser um deswillen 
steuerlich bestrafen will, weil sie sich mit einem geringeren 
Nutzen und einer bescheideneren Kapitalrente begnügen. Um 
dem kaufmännischen Mittelstände auf diesen verschlungenen 
Pfaden wirklich zu helfeit, müßte aber einmal die kommunale 
Umsatzsteuer verallgemeinert, also aus alle Gewerbebetriebe 
ausgedehnt werden, ilnd znm anderen bei den Betrieben mit 
großem uttd größtem Umsatz die Steuerprogression eine ganz 
exorbitante Höhe annehmen. Eine allgemeine Gewerbesteuer 
nach dem Umsatz bemessen würde aber zu den eigentümlichsten 
Konsequenzen führen. Der Apotheker z. B. würde bei ver- 
Biermer, Saiiniilmig, Band I, H. 5—8. 26 
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