Full text: Die Bewirtschaftung von Korn, Mehl und Brot im Deutschen Reiche, ihre Entstehung und ihre Grundzüge

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Verbände sowie eine Sonderabteilung in der Reichsgetreidestelle in 
Dienst gestellt worden. Durch Einführung der Selbstversorgung und 
Selbstwirtschaft ist die dann verbleibende Gesamtausgabe weiter zer 
legt, so daß von der Reichsgetreidestelle nur etwa ein Drittel der 
Bevölkerung mit Mehl zu versorgen ist. Das Korn wird durch 
Händler gekauft, durch Müller abgenommen. Jeder Kommissionär 
hat sein bestimmtes Gebiet. Das Abgehen von diesem Grundsatz hat, 
wie die vorübergehende Einkaufstätigkeit der Mühlen, nur Ver 
wirrung gestiftet. 
Das dritte Mittel zu größerer volkswirtschaftlicher Ergiebigkeit 
zielt darauf hin, die nötige Ortsveränderung der Güter mög 
lichst glatt und billig zu bewirken. Die Reichsgetreidestelle zieht 
jährlich ihr Geschäft nach den ihr angeschlossenen Kreisen so auf, daß 
sie jede Ware tunlichst nur einmal als Korn oder als Mehl auf große 
Strecken verfrachtet. Sie läßt das Korn daher möglichst gleich in 
solche Mühlen laufen, die den Verbrauchsgebieten naheliegen, um 
doppelte Beförderung oder, wie es die Zeitungen nannten, Spazieren 
fähren zu vermeiden. Sie hat eine besondere Frachtenabteilung er 
richtet, die stets den kürzesten und billigsten Weg errechnen soll. Den 
Kommissionären werden besondere Vergütungen für möglichst gute 
Ausnutzung der Eisenbahnwagen bei der Verladung bezahlt. Die 
enge Verbindung zwischen Erzeugern und Verarbeitern oder Ver 
brauchern eines Gutes wird aber nicht nur oder nicht einmal am 
besten durch glatte Überwindung, sondern noch besser durch Weg 
räumen der Hindernisse erreicht, die einer unmittelbaren Verbin 
dung entgegenstehen. Selbstversorgung und Selbstwirtschaft sind 
sonach volkswirtschaftlich besonders glückliche Maßnahmen. Sie er 
sparen nicht nur unwirtschaftlichen Aufwand, sondern schassen die 
von Carey geradezu als Wirtschaftsziel gepriesene lokalisierte Volks 
wirtschaft. 
„Könnte man jeder Brust," schreibt Hume, „solchen Eifer für 
das Gemeinwohl einflößen, daß jeder willig dem Staate zuliebe die 
größten Beschwerlichkeiten übernähme, .so würde diese Gesinnung 
allein ausreichen, Betriebsamkeit zu erzeugen und das Gemeinwesen 
aufrecht zu erhalten. Aber da diese Grundsätze allzu uneigennützig 
und allzu schwer durchzusetzen sind, so muß man die Menschen mittels 
anderer Leidenschaften leiten und sie mit dem Geist der Habgier und 
Gewerbsamkeit, der Kunst und des Wohllebens erfüllen." Mit dieser 
nüchternen Bemerkung wischt der kühle menschenkundige Schotte alle 
jene gutgemeinten Phantastereien weg, als ob die Menge auf 
lange Dauer wirtschaftlich durch andere Antriebe als durch den 
Drang nach eigenem wirtschaftlichen Vorteil
	        
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