Full text: Die Bewirtschaftung von Korn, Mehl und Brot im Deutschen Reiche, ihre Entstehung und ihre Grundzüge

schrillten in die behagliche Stimmung der Bevölkerung hinein und be 
wirkten, im Verein mit der Aufklärung über die Kriegsnotwendig 
keiten und unterstützt durch die Strafen, nach und nach im Verläufe 
einiger Monate eine Änderung der Lebenssitten. Die Weißbrötchen 
verschwanden vom Frühstückstisch, die Brotkörbe von den Wirts 
tafeln. Das Brot erhielt dunklere Farbe. Kriegsbrot zu essen wurde 
Anstandspflicht. Aber es ging gar l a n g s a m voran auf diesem un 
angenehmen Wege zur Sparung von Brot. Der Deutsche des 20. Jahr 
hunderts schätzte das überflüssige sehr hoch und beschied sich nur wider 
willig mit dem Unentbehrlichen. Vor allem blieb das Vieh ein Mit- 
zehrcr am Brotkorn. Gerade die übergroße Zahl der Strafen ließ ver 
muten, daß die Vorschriften, die den Gewohnheiten der Bevölkerung 
quer gingen, noch immer als unnötige Belästigungen aufgefaßt und 
in großem Umfange leichtherzig übertreten wurden. Dabei griffen sie 
bereits weit in die Gewerbefreiheit wie in die Freiheit der Lebens 
führung des einzelnen ein und streiften hart an die Grenzen, die 
mit der freien Verkehrswirtschaft unter besonderen Umständen noch 
verträglich sein können. Wollte man sich auf ihrem Boden halten, 
so führten diese Wege nicht weiter. 
II. Preispolitik. 
1. Preisentwicklung und der Ruf nach Höchst- 
preisen. Die Preisgestaltung verursachte bereits in den Tagen vor 
und nach Kriegsausbruch Sorge. Die plötzliche Steigerung de r 
M e h l p r e i s e erschien besonders bedenklich, weil man große Ar 
beitslosigkeit im Gefolge des Krieges befürchtete, die dadurch beein 
trächtigte Kaufkraft der Massen aber nach Möglichkeit geschont werden 
mußte. Die großen Ankäufe zur Versorgung der Festungen und des 
Heeres sowie manche Angstkäufe großer Städte, von denen sich 
einige übernahmen und nachher um Abnahme zuviel erworbener 
Mengen bitten mußten, boten den Mühlen die Möglichkeit erheblicher 
Gewinne. Teilweise haben sie diese auch so weidlich ausgenutzt, daß 
sie noch im zweiten Kriegsjahre von den damals und in den folgen 
den Wochen gemachten stillen Rücklagen zehren und erhebliche Ge 
winne verteilen konnten. Diese plötzlichen Ankäufe, das Abreißen 
der Auslandsversorgung, die Unsicherheit sowie die Unübersichtlich 
keit der Lage und die während des Aufmarsches notwendige Ab 
schließung der Bedarfsbezirke von den benötigten Zufuhren lähmten 
die regelmäßige Mehlversorgung der Kleinhändler und Bäcker. Da 
sich die Familien gleichzeitig mit Mehl, Teigwaren und anderer: Mehl- 
erzeugnissen für Wochen zu versorgen anfingen, wurde die Nachfrage 
großer und dringlicher äls der zeitweilige Bedarf, auf den das Ver
	        
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