Full text: Die Bewirtschaftung von Korn, Mehl und Brot im Deutschen Reiche, ihre Entstehung und ihre Grundzüge

sorgungsverfahren eingerichtet war. Die Preise schnellten im 
großstädtischen Kleinhandel empor und bewirkten bei der dadurch 
besorgter gewordenen Bevölkerung keine Einschränkung im Kaufen, 
sondern gesteigertes Anstürmen auf die schnell geleerten Lebens 
mittelläden und folgemäßig weitere Preiserhöhungen. Jedes Zurück 
halten von Lebensmitteln bot unter diesen Umständen eine sichere 
Gewinnaussicht, die sicherlich nicht alle Kleinhändler ungenutzt 
ließen. 
Da diese Entwicklung nach Erfahrungen früherer Kriege voraus 
zusehen war, so hatte bereits das H ö ch st p r e i s g e s e tz vom 4.Augüst 
1914 den Landeszentralbehörden und den von ihnen bestimmten Be 
hörden die Befugnis gegeben, entgegen dem Titel V der Gewerbeord 
nung Höchstpreise für Gegenstände des täglichen Bedarfs festzusetzen. 
Überschreiten der Höchstpreise war mit Strafen bedroht. Um das 
Z u r ü ck h a l t e n höchstpreisbelegter Waren zu hindern und zurück 
gehaltene in den Berkehr zu bringen, holte das Gesetz aus dem 
Zeughaus des Allg. Preußischen Landrechts die Waffe, zurückgehal 
tene Vorräte von Amts wegen auf Rechnung und Kosten der Be 
sitzer zu den Höchstpreisen verkaufen zu lassen. Solche Klein 
handelshöchstpreise sind damals zum Schutze der Verbraucher gegen 
die preissteigernde Wirkung ihrer Angstkäufe an zahlreichen Orten mit 
Erfolg festgesetzt worden. In einzelnen Zuschußgebieten haben kom 
mandierende Generäle und auch höhere Verwaltungsbehörden über 
jene gesetzliche Befugnis hinaus Höchstpreise auch jür den Groß 
handel mit Korn und Mehl festgesetzt, zur Freude der Offent- 
keit, die wirtschaftliche Zusammenhänge mit der moralischen Elle 
maß und an die Verwirklichung des jüstum pretium, des gerechten 
Preises, durch Gesetze mit der Inbrunst eines Säulenheiligen glaubte. 
Als uach Beeudiguug des Aufmarsches die Beförderungsmög 
lichkeiten wieder ausreichend zur Verfügung standen und so die wirt 
schaftliche Vereinzelung der Landesteile aufhörte, wurden diese G roh 
st a n d e l s h ö ch st p r e i s e unhaltbar und wieder aufgehoben, 
manchmal erst unter dem Druck der Landeszentralbehörden. Die 
Kornpreise gingen angemessen herunter. Für Backwaren blieben viel 
fach Kleinhandelspreise bestehen. Nur die Mehlpreise hielten die ein 
mal erreichte Höhe oder gaben nur wenig nach. Der vielgestaltige 
Organismus der deutschen Brotversorgung hatte sich den britischen 
Erwartungen zum Trotz bei der plötzlichen und starken Kriegserschüt 
terung im ganzen leistungsfähig und geschmeidig erwiesen. 
Infolge des Mangels an Arbeitskräften und Gespannen, wie 
infolge des vorgehenden Bedürfnisses der Feldbestellung verzägerte 
sich im Herbst der Ausdrusch. Es kam wenig Brotkorn an.den Markt.
	        
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