Full text: Denkschrift über die Resultate und den Abschluß des Ab- und Einschätzungswerks für die Provinz Brandenburg behufs Ausführung des Grundsteuergesetzes vom 21. Mai 1861

F 
gen Schähungen ubgewaltet hat und danach in irgend zweifelhaften Fällen eher zur 
Annahme der geringeren, als der höheren Klasse gegriffen worden ist. Diese Wahr- 
nehmung ist in beiden Regierungsbezirken gemacht worden; im Allgemeinen sind aber 
doch im Frankfurter Bezirke die Schätzungen etwas schärfer gehalten als im Pots- 
damer. Der Grad der Schärfe der Schätzungen ist nicht in allen Kreisen gleich 
und gerade diese Verschiedenheit haben auch die Bezirtkskommissionen wesentlich zur 
Grundlage ihrer Anträge auf Tarifänderungen genommen und zum Behufe der Her- 
stellung der verhältnißmäßigen Gleichheit nehmen müssen. 
Was die vorläufigen Tarifssäße für die Bonitätsklassen der verschiedenen 
Kulturarten nach der Festseßung der Centralkommission vom 27. Mai 1862 anlangt, 
so haben sich diese im Allgemeinen bewährt. Hinsichtlich der Kreise, in welchen die 
Einschäßungen streng nach den festgestellten Klasssenmerkmalen durchgeführt worden 
sind, wie in den Kreisen Niederbarnim, Königsberg und Landsberg und im Oder- 
bruche, hat hiernach anerkannt werden können, daß mit Anwendung dieser Tarifsätze 
die eigentliche Bodenrente, d. h. der Reinertrag der Liegenschaften nach Abzug aller 
Wirthschaftungskosten mit Einschluß der Zinsen des zu einer gemeingewöhnlichen 
Bewirthsschaftungsweise erforderlichen Gebäude- und Inventarienkapitals, erzielt wor- 
den ist. Dagegen haben sich dieselben zu hoch. ergeben in denjenigen Kreisen, in 
welchen, wie im Kreise Soldin, durch eine zu große Ausdehnung der besseren Klassen 
in geringeren Boden mit den Einschätzungen über die festgestellten Klasssenmerkmale 
hinausgegangen worden ist, während in solchen Kreisen, in welchen die Schätzungen 
gegen die vorausgesetzte Klassifikation zu mäßig gehalten worden sind, sich durch 
Vergleichung mit den thatsächlichen Einschäzungen anderer Kreise und mit den sonst 
bekannten Reinerträgen herausgestellt hat, daß die Tarifsäße noch mehr uder weniger 
einer Erhöhung bedürfen, um die verhältnißmäßige Gleichheit herzustellen. 
Nur für wenige Kreise haben die vorläufigen Tarifsäze nicht als zutreffend 
erachtet werden können, indem hier die von den Veranlagungskommissionen ursprüng- 
lich vorgeschlagenen Tarifsäte, welche nach der angenommenen Klassifikation und 
nach den ausgewählten Musterstücken abgemessen waren, nach den Anträgen der Be- 
zirkskommissionen abgeändert worden find, ohne daß die für höhere Erträge gestellten 
Klassenmerkmale nachträglich gleichfalls abgeändert wurden. Hinsichtlich solcher Kreise 
hat daher zur Beseitigung des hervorgetretenen Mißverhältnisses der Schäzungs- 
resultate in Vergleich zu anderen Kreisen eine durchgreifendere Aenderung der Tarif- 
säße in Aussicht genommen werden müssen. 
Diese Wahrnehmungen hinsichtlich der Angemessenheit der vorläufigen Tarif- 
säße im Allgemeinen und deren Wirkungen bei ihrer Anwendung auf die erlangten 
Schähungsresultate erhalten eine Bestätigung in der Vergleichung der letteren mit 
den sonst bekannten Werthen und Reinerträgen. 
Hierzu bieten zunächst die Kur- und Neumärtischen ritterschaftlichen 
Pfandbriefstaxen einigen Anhalt, jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, daß 
dieselben in ihren Prinzipien mit denen der Grundsteuerveranlagung nicht überein- 
stimmen. Während das Grundsteuergeseß vom 21. Mai 1861 die einzelnen Liegen- 
schaften ohne Rücksicht auf ihren wirthschaftlichen Zusammenhang mit anderen Grund- 
stücken nach ihrem nachhaltigen Reinertrage würdigt, wie dieselbe nach Abzug der 
Bewirthschaftungskosten und der Zinsen von dem erforderlichen Gebäude- und In- 
ventarienkapitale sich gestaltet und keinerlei Abzüge für Reallasten, Servituten und 
öffentliche Abgaben zuläßt, wird nach den General-Taxprinzipien vom 19. August 
1777 bei den Gütern vorausgesezt, daß die erforderlichen Gebäude und Inventarien 
bereits vorhanden sind, und der Werth der Güter nach ihren besonderen Verhältnissen 
ermittelt. Von dem berechneten Ertrage kommen daher alle vom Gute zu entrich- 
tenden Abgaben und Leistungen, sowie die Beträge für etwa fehlende Gebäude und 
Inventarien in Abzug, während andererseits auch wieder dauernde Nutzungen aus 
Servituten und landwirthschaftlichen Gewerben dem Ertrage hinzugerechnet werden 
können. Da die Höhe jener Abzüge aus diesen besonderen Nutzungen bei den ver- 
schiedenen Gütern verschieden ist, so wird es zwar bedenklich erscheinen, die Pfand- 
briefstaxen einzelner Güter zur Vergleichung zu nehmen, aber dennoch das durchschnitt- 
liche Ergebniß einer erheblichen Anzahl von Pfandbriefstaxen sehr wohl zum Anhalte 
bei Vergleichung der Schähungsresultate der einzelnen Kreise gegeneinander dienen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.