Full text: Verhandlungen des Industrierates über den Ausbau und die Reform der Arbeiterversicherung

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bahnen, ohne die landwirtschaftlichen Arbeiter direkt industriellen Konjunktur suchen müssen, werden in der 
zu Parias zu machen. Könnte man aber bezüglich der Erwerbung ihrer gesetzlichen Anwartschaften gehemmt 
landwirtschaftlichen Betriebe noch die Berufung auf und können troß jahrelanger Einzahlung den An- 
die ungünstige wirtschaftliche Lage gelten lassen, spruch auf die Krankenuntersstützung gerade im kritischen 
wenngleich es dann nicht einleuchtend ist, warum Moment verlieren, weil sie einige Wochen im Jahre 
gerade der Großgrundbessit, der am meisten Gesinde die gesündere landwirtschaftliche Arbeit vorziehen. 
beschäftigt, von den Lasten der Versicherung befreit Was die Unfallversicherung betrifft, so kaun 
tr ue ! j Heins z! §ie hrt. selbst die Berufung des Motivenberichtes auf die mit 
und die große Gefahr fü n UU; ; j . 
ud Grjusdhett der Urieler, die dice Veteirs für tg, Gehlen de. im, lundvictic isn qi. 
die Arbeiter mit sich bringt, drängen geradezu darnach, machten üblen Erfahrungen und der wesentliche Ein- 
daß auch diese Arbeiterschaft in die Versicherung ein- fluß des hiebei ue. Fehlbetrages auf die 
bezogen werde. ; Ñ ] .. Finanzlage der Anstalten nicht als sstichhältig hinge- 
In einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nommen werden. 
haben übrigens die aus allen Gegenden des Reiches .. 
herangezogenen Experten, die am 15. und 16. Juli Lag doch das Übel nur darin, daß gerade die 
1905 vom Ausschusse des Arbeitsbeirates gehört unfallgefährlichsten Betriebe in die Unfallversicherung 
wurden, die in Rede stehende Ausnahmsbestimmung eingezwängt wurden und dazu in einer Weise, daß die 
gerichtet, indem sie sich nahezu einstimmig in der individuelle Beitragsleistung nicht kontrollierbar war 
wärmsten Weise für die Einbeziehung der land- und und der bei allen anderen Betriebsgattungen ein- 
forstwirtschaftlichen Arbeiter aussprachen und gleich- tretende Ausgleich des Risikos dadurch frustriert 
zeitig erklärten, daß die landwirtschaftlichen Betriebe wurde, daß die Versicherung der landwirtschaftlichen 
ganz gut in der Lage seien, die für die Versicherung Arbeiter in Bezug auf die Beitragsleistung zeitlich auf 
erforderlichen Leistungen selbst dann aufzubringen, die Beschäftigung bei der Maschine, die bei dem 
wenn die Arbeiterbeiträge, wie es zu erwarten ist, auf häufigen Mangel jeglicher Schutvorrichtungen und 
die Unternehmer abgewälzt werden. Ju dieser En- der Verwendung ganz ungeschulten Personals doppelt 
quete wurde aber auch mit dem zweiten in dem gefährlich ist, beschränkt war. Von der Forstwirtschaft 
Motivenberichte geltend gemachten Argumente, daß wurde aber nur die so überaus gefährliche Beschäf- 
sich nämlich im Falle der zwangsweisen Versicherung tigung des Holzfällens und der Holzbringung, soweit 
„die Landflucht“ und ihre üblen Folgen für die [ic irgendwie mit einem produktionsgewerblichen 
Landwirtschaft steigern könnten aufgeräumt und die Betriebe in Zusammenhang gebracht werden konnte, 
Überzeugung ausgesprochen, daß die soziale Gleich- einbezogen. 
stellung des landwirtschaftlichen Arbeiters mit dem Es gibt nach den deutschen Erfahrungen im 
industriellen viel eher dazu führen würde, die Land- landwirtschaftlichen Betriebe nur eine antühernb 
flucht einzudämmen. große Gefahrenquelle, nämlich die Viehzucht; die 
Faßt man die starke Fluktuation ins Auge, die übrigen Veranlassungen zu Unfällen, wie das 
zwischen der Arbeiterschast der landwirtschastlichen Herabfallen von Leitern, Gerüsten, die Verletzung 
und gewerblichen Betriebe besteht, so wird man zu- mit Werkzeugen tc. dürften im landwirtschaftlichen 
geben müssen, daß sie ein besonders schwerwiegendes Betriebe weit seltener sein als in vielen gewerblichen 
Argument für die Gleichstellung beider Kategorien Betrieben, in denen diese Gefahrenquellen dauernd 
in Bezug auf die Versicherung ist. Der landwirt- bestehen, während sie für den landwirtschaftlichen 
schaftliche Arbeiter, der zum Beispiel in der Kampagne Arbeiter infolge der Mannigfaltigkeit seiner Beschäf- 
in der Zuckerfabrik Beschäftigung sucht und findet, tigung nur zeitweise zutreffen. Dieser Umstand würde 
mag sich oft bei der Betätigung im landwirtschaft- die Beitragsleistung der landwirtschaftlichen Betriebe 
lichen Betriebe den Keim der Krankheit geholt haben, wesentlich reduzieren und die Einbeziehung aller 
die ihn nach einer wenige Tage dauernden Betäti- landwirtschaftlichen Arbeiter ohne große Kosten 
gung im gewerblichen Betriebe und daher ganz be- möglich machen. Die Verallgemeinerung hätte also in 
langlosen Beitragsleistung der gewerblichen Kranken- diesem Falle finanziell zumindest denselben Effekt wie 
kassa zur Last fallen läßt. Der gewerbliche Arbeiter die Ausschließung, die, als Notbehelf gebraucht, sozial- 
wieder, wie zum Beispiel der Bauarbeiter und der politisch unbedingt verwerflich ist. Wo bleibt übrigens 
Weber, welche beide Berufsklassen zur Zeit der Ernte bei dieser Ausnahme die Rücksicht auf die Haftpflicht 
die landwirtschaftliche Beschäftigung suchen, oft aber nach dem bürgerlichen Rechte, die so nachdrücklich als 
auch infolge einer Abnahme der Bautätigkeit und der Argument gegen die Verschmelzung gebraucht wird ? 
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