Full text: Verhandlungen des Industrierates über den Ausbau und die Reform der Arbeiterversicherung

der Gründung von Baurtkrankenkassen ganz zu ver- der Reform begründet, es kann daher gegen dieselbe 
schließen. kein Einwand erhoben werden. 
Die Regierung hat in dem Reformprogramm Wesentlich höhrere Anforderungen würden durch 
einen ebenso praktischen als geeigneten Mittelweg die Einbeziehung der landwirtschaftlichen Betriebe und 
eingeschlagen, indem sie die Minimalzahl für die Er- die Unfallversicherung der Bergarbeiter an die 
richtung von Krankenkassen im allgemeinen mit 1000, Anstalten herantreten, Anforderungen, die auch die 
bezüglich der Betriebskrankenkasssen mit 500 Mit- Organisation der Anstalten einschneidenden Ände- 
gliedern festsetzte. Sofern diese Zahlen nicht als eine rungen unterwerfen müssen, auf die wir übrigens im 
absolut unverrückbare Grenze gelten, kann man sich weiteren noch eingehend zu sprechen kommen werden. 
mit ihnen gewiß einverstanden erklären. Die Arbeiter- Unfallversicherungsanstalten sind 
Bezüglich der Träger der Krankenversicherung allerdings in ihrer heutigen Form weder bei Ver- 
resultiert aus dem Vorgesagten folgender Antrag: sicherten noch bei den Unternehmern beliebt und daher 
Das in dem Regierungsprogramme zu kommt es auch, daß so viele Interessenten die Ge- 
Tage tretende Bestreben, den Bestand und legenheit der Reform ergreifen wollen, um sie ver- 
die Bildung von Zwergkasssen nach Möglich- schwinden zu lassen. Wir wollen uns gewiß nicht zu 
keit einzuschränken, ist gutzuheißen. Die Verteidigern der Anstalten aufwerfen, können aber 
festgeseßten Mindestziffern erscheinen den nicht umhin zu betonen, daß die allgemeine Unzu- 
Verhältnissen entsprechend, dieselben sollen friedenheit denn doch hauptsächlich weniger in der 
jedoch keine unverrückbare Grenze dar- Geschäftsführung der Anstalten als in dem System 
stellen, sondern es soll den politischen ihre Begründung findet, welcher Umstand für die 
Behörden I. Instanz die Möglichkeit ge- beschleunigte Reform unserer Arbeiterversicherung mit- 
boten werden, nach Anhörung des Ju- bestimmend war. 
validenversicherungsamtes der Kranken- Die Defizite, die Beschwerden über die Lang- 
kassen, der Genossenschaften und freien wierigkeit des Verfahrens, über die Unzulänglichkeit 
industriellen . oder. gewerblichen Korpo- der Renten c., mögen zum größten Teile berechtigt 
ugtignen . des betreffenden Sprengels tn rein, sie wurzeln aber zum guten Teile in der Unzu- 
jenen Fällen von der Erreichung dieser länglichkeit der gesetzlichen Bestimmungen, die wohl 
Mindestzahlen abzusehen, in denen räum- yon den Anstalten sselbst längst erkannt und bekämpft 
liche oder berufliche Verhältnisse die Er- wurde, die man also billigerweise diesen nicht aufs 
richtung von Spezialkassen im Interesse Kerbholz schreiben kann. 
einer besseren Krankenpflege vorteilhaft Di itere V iber. die Höhe der Ve 
erfcheinen kassen. Ls fat .frse mt UU. js 
größten Teile ihren Grund; würde man den Anstalten 
III. Unfallversirherunn. die Portofreiheit gewährt haben, würde man sie von 
den Beiträgen zu den Kosten der Gewerbeinspektoren 
Nach § 144 des Reformprogrammes sollen die befreit, ihnen überhaupt alle Auslagen erspart haben, 
bestehenden Unfallversicherungsanstalten auch weiterhin die ihnen eigentlich nicht zukommen, so insbesondere 
als Träger der Unfallversicherung fungieren, wobei die Schiedsgerichts- und Unfallerhebungskossten, so 
dem Minister des Innern nur das Recht vorbehalten wäre schon dadurch eine wesentliche Reduktion dieser 
bleiben soll, die Bezirke der Anstalten zu ändern, Ausgaben möglich gewesen. Vergleiche lassen sich 
mehrere solcher Anstalten zu einer einzigen zu ver- bezüglich der Verwaltungskosten schwer ziehen, ssie 
einigen oder die Teilung einer Anstalt anzuordnen. werden immer ungenau sein, weil sich eben Ungleiches 
Dagegen erfährt die Stellung der Unfallversicherungs- nicht vergleichen läßt, immerhin bietet es aber einen 
anstalten im organischen Aufbau der Arbeiter- gewissen Anhaltspunkt, daß die registrierten Hilfs- 
versicherung einschneidende Veränderungen. Während kassen , die sowie die Unfallversicherungsanstalten 
nämlich die Anmeldung der unfallversicherungspflich- Krankenunterstütungen (Heilverfahren), Begräbnis- 
tigen Personen und die Cinhebung der Beiträge gelder, Invaliditätsrenten, Witwen- und Waissen- 
fürderhin durch die Krankenkassen besorgt werden unterstützungen leisten, im Jahre 1903 Verwaltungs- 
soll, werden die territorialen Anstalten die Geschästs- kosten aufweisen, die 21/3 Prozent der Jahresausgabe 
führung der Rentenkommission und die Durchführung oder 18’4 Prozent der Jahreseinnahmen betragen, 
die Heilbehandlung für die Invalidenversicherung während sie sich bei der Unfallversicherung im selben 
neben ihrer eigenen Agenda, nämlich der Durchführung Jahre auf 10'5 Prozent der Versicherungsbeiträge 
und Verwaltung der Unfallversicherung und die Klassi- und 16 Prozent der Entschädigungsleistungen beliefen. 
fikation der Betriebe zu besorgen haben. Diese Er- Damit soll aber nicht gesagt sein, daß die Verwal- 
weiterungen und Beschränkungen der Obliegenheiten tungsausgaben nicht noch bedeutend herabgedrickt 
der territorialen Anstalten sind in dem ganzen Aufbau werden könnten. 
.) V
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.