Full text: Verhandlungen des Industrierates über den Ausbau und die Reform der Arbeiterversicherung

recht erhalten bleiben, die Arbeiter-Unfall- gewinnt umso mehr Berechtigung dadurch, daß der 
versicherungs anstalt soll jedoch vor dieser Staat keinerlei materielle Garantie für die Rithtigkeit 
Ernennung um ihr Einverständnis befragt der die Grundlage aller Leistungen bildenden Be- 
werden. rechnungen übernimmt, vielleicht auch nicht über- 
3. Es sind in das Gesetß Bestimmungen nehmen kann, und gegenüber dem feststehenden Stagts- 
aufzunehmen, durch welche eine reine, ge- beitrage sich die Arbeiter- und Unternehmerbeiträhße 
heime und vollkommen einwandfreie Wahl alssteigerungsiähig, wahrscheinlich auch als steigerungs- 
gewährleistet wird; das aktive Wahlrecht bedürftig gestalten werden. 
soll an die Vollendung des 20. Lebens- Die letztere Gefahr ist nicht gering anzuschlagen, 
jahres, das passive an die Vollendung des hindet doch der $ 102 des Gesetzes die Höhe der Bei- 
30. Lebensjahres gebunden werden. tragssätze nur für einen Zeitraum von zwölf Jahren 
II. Invalidenversicherung. und haben doch andrerseits die Erfahrungen bei der 
Zu der Kardinalfrage, ob die Invalidenversiche- Unfallversicherung bewiesen, daß Steigerungen der 
rung von einem zentralen Reichsinslitute aus besorgt, Beitragssätze nur unter der schwerssten Mühe und 
oder aber verländert werden soll, habe ich bereits in unter der Gefahr einer Verbitterung durchgeführt 
einem früheren Stadium Stellung genommen und mich werden köunen. Lezteres Moment erweckt in den Ver- 
in entschiedener Weise für die Lösung des Problems sicherten die Befürchtung, daß in dem Falle, als sich 
wie sie im Reformprogramme vorgesehen ist, ausge- die finanziellen Grundlagen als unzureichend erweisen, 
sprochen. vielleicht durch allzu weitgehende Sparsamkeit bei Zu- 
Bei Beurteilung der Organisation der Jnva- erkennung der Renten und Engherzigkeit für die 
lidenkasse ist vor allem Klarheit darüber zu gewinnen, in Betreff der Zuerkennung derselben in Betracht 
ob diese Kasse, wie in den §8 114 und folgenden des kommenden Bestimmungen wohlerworbene Anwart- 
Reformprogrammes in Aussicht genommen ist, eine schaften in Gefahr kommen können und daß die Ver- 
staatliche sein soll oder ob und in welchem Maße ihr sicherung das nicht halten wird, was sie heute ver- 
eine Autonomie zuzugestehen wäre. Der rein staatliche spricht. 
Karakter wird in dem Motivenberichte zum Reform- Angesichts dieser in der Sache selbst vollkommen 
programme damit begründet, daß mit Rücksicht auf die gerechtsertigten Befürchtungen muß trotz der hohen 
große Zuschußleisstung des Staates, seiner Einfluß- Beitragsleistung des Staates und des dadurch für ihn 
nahme auf die Verwaltung ein weiter Spielraum bestehenden Interesses den Interessenten die Möglich- 
gelassen werden müsse. Den in dieser Richtung vom keit geboten werden, an der Verwaltung der In- 
Standpunkte der Staatsinteressen zu stellenden An- validenversicherung Anteil zu nehmen. Das Mittel 
forderungen werde in genügender Weise überhaupt hiezu fsoll der Vorstand (§ 115) bilden. Nach dem 
nur dann Rechnung getragen werden können, wenn Motivenberichte wird sich der Wirkungkreis des Vor- 
man die Invalidenverssicherung direkt als eine staatliche standes hauptsächlich auf Verfügungen prinzipieller 
Einrichtung auffasse, die Kasse demnach zu einer Natur in wichtigen Angelegenheiten der Invalidenver- 
Staatsanstalt ausgesstalte. sicherung, insbesondere in Angelegenheiten der Ver- 
So weit wäre gegen die Argumentation des mögensverwaltung, der Maßnahmen zur Heilbehand- 
Reformprogrammes nichts einzuwenden. Im Hinblicke lung Versicherter und Rentenempfänger, durch Er- 
auf die so scharf hervorgehobene Beitragsleistung des richtung und Verwaltung vonHeilanstalten, beziehungs- 
Staates lohnt es sich aber, diese Leistung jener der weise Abschluß von Verträgen mit solchen bestehenden 
anderen Interessenten gegenüberzustellen. Nach den Anstalten tc., auf Verfügungen in Personalangelegen- 
Aufstellungen und Berechnungen im Motivenberichte heiten, endlich auf die Kontrolle der Gebarung der 
(Seite 204) würde sich der Staatsbeitrag zu jenem Krankenkassen und territorialen Anstalten erstrecken. 
der Versicherten verhalten wie 2 : 6'b im 1. Jahre, Aus § 126 des Programmes geht überdies hervor, 
41:196 im s. Jahre, wie 20 : 29 im 10. Jahre, daß dem Vorsstande die Entscheidung über die Renten- 
wie 40'4: 71'8 im 30. Jahre stellen. Im Be- ansprüche in dem Falle zusteht, wenn die Renten- 
harrungszustande hätten aber die Versicherten kommission einen einstimmigen Beschluß hierüber nicht 
99'1 Millionen Kronen, der Staat 42'8 Millionen zu stande brachte. Ob die Bestellung der leitenden 
Kronen an Beiträgen zu entrichten. Man mag das Beamten der Krankenkassen (§ 41) in die Kompetenz 
Recht des Staates auf die gewiß eine allgemeine des Vorstandes fällt, ob und welche Rechte endlich der 
rechtliche Bedeutung besitzende Versicherung breiter Vorstand in Bezug auf den leitenden Beamten haben 
Volksschichten noch so hoch einschäten, so wird man wird, läßt sich heute nicht entscheiden. Diese sowie 
doch zugeben müssen, daß jene Kreise, welche mehr als andere sehr wichtige Fragen sollen nach s 117 im 
doppelten Mitteln für die Erhaltung der Institution Verordnungswege geregelt werden, auf dem hoffentlich 
aufbringen werden, mit Fug beanspruchen können, daß auch die Anomalie besseitigt wird, daß Kommissionen, 
es ihnen möglich sei, auch ihre Meinung in der Ver- die der Einflußsphäre der Invalidenanstalt ganz ent 
waltung zur Geltung zu bringen. Diese Forderung rückt sind, ohne auch nur einen Vertreter derselben zu 
U) „?
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.