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duktion schaden. Mag man die Transporte belasten, die Ver-
träge besteuern oder das Kapital beschneiden, das alles ver-
mindert die schaffenden Kräfte des Landes; es kommt nur
darauf an, die Last so zu verteilen, dass sie nirgends erdrückend
wirkt. Andererseits muss eine gewisse Tariferhöhung die Folge
der allgemeinen Preissteigerung sein. Bald wird sie vielleicht
' der Staat nicht mehr, ohne unbillig zu sein, den Eisenbahnver-
. waltungen versagen können, deren Gedeihen ihn übrigens direkt
angeht, da er nach ihnen finanziell beteiligt ist, noeh wird er
fortfahren können, sein eigenes Netz mit stets zunehmenden
Vehlbeträgen zu betreiben. Vielleicht würde er aueh wohl daran
tun, heute schon dureh eine geringe und geschickt verteilte
Belastung der Transporte einen Teil der Mittel zu beschaften,
die er nötig hat, um wenigstens die Zinsen der Kapitalien zu
decken, die er ausgegeben hat, um die Verkehrswege aller Art
zu entwickeln.
Die Erinnerung an die ungeheure Wirkung, die aut den
modernen PVortsehritt dureh die stete Ermässigung der Be-
förderungskosten ausgeübt ist, darf nieht dazu führen, die Nach-
teile einer leichten Erhöhung zu übertreiben.
~ Vür das öffentliche Wohl kommt es nicht darauf an, dass
ein einzelner Verwaltungszweig, wie das Verkehrswesen von der
allgemein aufsteigenden Bewegung der Preise und der ölfkent-
lichen Lasten verschont bleibt; nur müssen diese Belastungen
3 nieht ohne dringende Notwendigkeit auferlegt werden. . . . . .
Menn es unerlässlich ist, die von der Staatsgewalt auf die Ge-
samtheit der produktiven Kräfte des Landes ausgeübten finan-
ziellen Eingrifke zu steigern, so wird es schliesslich zu einer
gerechten und unvermeidlichen Massregel, wenn man die Per-
sonen, die die Verkehrsmittel aller Art benutzen, wenigstens
insoweit an den Lasten teilnehmen lässt, als dies im richtigen
Verhältnis zu der dureh die allgemeine Erhöhung der Preise
und durch die Spezialgesetze bewirkten Steigerung der Selbst-
kosten steht. Das haben viele Staaten schon eingesehen. Es
ist zu befürchten, dass Frankreich demnächst ebenfalls zu dieser
Einsieht gebracht worden wird.“
Diese Ausführungen sind bei dem grossen Ansehen, das
Colson in Frankreich geniesst, beachtenswert. Ob allerdings die
Notwendigkeit von Tariferhöhungen gerade in Frankreich vor-
liegt, wo die grossen Privatbahngesellschaften (1911) mit Betriebs-
zahlen von ö4, 61, 55, 18, 56, 51, 57, 46 und 61.41 % arbeiten
und Dividenden von 7, 1, 10, 11.2, 11.8 und 18 # verteilen,
mag dahingestellt bleiben.
Die deutschen Eisenbahnen haben es jedenfalls unter zum
Teil weit schwierigeren fFnanziellen Bedingungen bisher immer
noch vermieden, zu dem unerfreulichen Mittel der Tariferhöhungen
zu greifen und vielmehr dem verkehrstreibenden Publikum durch
ständige Wortbildung der Tarife und der Güterklassilikation
namhafte Erleichterungen gewährt, obwohl im Hinblick auf die
sinkende Kaufkraft des Geldes selbst ein Gleichbleiben der