Revolution in ihrem Existenzkampte nicht nur die Bourgeoisie, sondern
auch die sogenannten sozialistischen Gruppen gegen sich hatte, die sich
mit den Feinden der Diktatur der Arbeiter zu einer Einheitsfront zu-
sammenschlossen. Im besonderen beklagte die sozialdemokratische
Presse das „unglückliche‘, unter dem „Militärstiefel der Roten Armee"
stöhnende Georgien. Die Menschewisten hatten dort das „Paradies“
errichtet, in das nun die Bolschewisten eindrangen, um alles umzu-
kehren. Die Wohltäter des georgischen Volkes befinden sich im Exil,
in Georgien selbst machen sich die „Unterdrücker‘” breit usw. Jede
Delegatiom erachtet es daher für ihre Pflicht, sich an Ort und Stelle
von der Lage in Georgien zu überzeugen. Das Ergebnis ihrer Unter-
suchungen war jedoch für die ausländischen und russischen Mensche-
wisten unerwartet. Die tschechoslowakische Arbeiterdelegation sagte
in ihrem Aufruf an die „Arbeiter und Bauern Georgiens, Armeniens und
Aserbeidshans:
„Euer junges sozialistisches Land hat noch viele Feinde ,.. Zu
diesen Feinden rechnen wir auch die Reste der Sozialdemokraten, der
Nationaldemokraten und der SR. ,.. Sie sind nicht der rechte
Flügel der Arbeiterbewegung, sondern der linke Flügel der Bour-
geoisie, was ihre früheren Gesinnungsgenossen aus den Reihen der
Arbeiterschaft richtig erkannt haben, die zum marxistischen Wege
zurückgekehrt sind ,,. Für die internationale Arbeiterbewegung
sind diese Leute gestorben. Sie waren für das georgische Proletariat
viel gefährlicher als der Kapitalismus, und das georgische Proletariat
war im Recht, als es sie auf dem Wege zum Sozialismus beseitigte.”
(„Trud‘“ vom 7, November 1925.)
So schreiben tschechoslowakische Arbeiter, Mitglieder einer Inter-
nationale, der auch die russischen Menschewisten angehören. Nicht
minder scharf war die Antwort der deutschen sozialdemokratischen
Delegation, bei der sich das Büro der Menschewisten schriftlich über
die Sowjetregierung und die Unterdrückung der sozialistischen Par-
teien in der USSR. beklagten. Der Vorsitzende der deutschen Dele-
gation, der Sozialdemokrat Freiberger, antwortete: „Keine Regierung
darf konterrevolutionäre Aktionen zulassen, sie muß sie bekämpfen”.
(„Trud‘“ vom 28. Juli 1925.) Die gemeinsame Antwort der sozialdemo-
kratischen Delegationsmitglieder ließ an Klarheit nichts zu wünschen
übrig. Im Auftrage sämtlicher sozialdemokratischen Delegierten
sandten Mehle, Freiberger, Baer und Benewitz folgenden Brief an die
Menschewisten:
Eine Zusammenkunft mit Menschewiki, welche sich in Tiflis
möglich machte, brachte eine Aussprache, die keinen Glauben an
demokratische Möglichkeiten offenbarte. Man ist dort nicht mehr der
Meinung, daß die Arbeiterschaft durch Demokratie etwas erreichen
könnte; auch die Bauern, Deutsche wie Grusinen, sprachen ihr Miß-
fallen ‚über die demokratische Herrschaft aus; das jetzt herrschende
System wird von ihnen mit Begeisterung aufgenommen,
Deutschland liefert auch ein lebendiges Beispiel. Die November-
errungenschaften sind durch die Demokratie abgebaut worden, nur
die Bourgeoisie und nicht die Arbeiterschaft hat gewonnen. In Ruß-
land hat die Arbeiterschaftt die Macht in den Händen.
DZ