Full text: Warum reisen Arbeiterdelegationen nach Sowjetrußland?

russischen Arbeitern und Bauern feindlich entgegen, weil sie es gewagt 
hatten, eine neue Ordnung aufzurichten, sich ihr Leben anders einzu- 
richten. Verächtlich mit den Achseln zuckend, meinten die Sozial- 
demokraten: 
„Was kann schon bei einer sozialen Revolution in einem technisch 
rückständigen Lande, das sich erst vor wenigen Monaten vom Zarismus 
befreit hat, in einem Lande herauskommen, das bisher keine Volks- 
regierung gekannt hat und kennt? Das ist eine Idee der Bolschewisten, 
die schmählich scheitern muß!“ 
Sie „prophezeiten‘ unermüdlich den baldigen Untergang der 
Oktoberrevolution, den Zusammenbruch Sowjetrußlands. Sie hielten 
den Arbeitern im Westen unser Land als abschreckendes Beispiel vor, 
indem sie erklärten: „Seht, wohin die Revolution führt. Hunger, Kälte, 
Bürgerkrieg! das ist das Ergebnis des gewaltsamen Umsturzes, der 
Diktatur des Proletariats. Wie anders verhält es sich doch da mit der 
Demokratie! Die Demokratie wird auf friedlichem Wege, ohne das 
Land zu erschüttern, von den nationalen Schätzen Besitz nehmen und 
die sozialistische Ordnung nicht mit barbarischen, bolschewistischen, 
sondern mit Kulturmethoden aufrichten‘‘, Im besonderen wurde der 
Bürgerkrieg und der Hunger als Propagandamittel ausgeschlachtet. 
Damals stand das Spiel der Sozialdemokraten auf Gewinn. Die werk- 
tätigen Massen waren des Krieges so überdrüssig, standen noch so 
sehr unter dem Eindruck des Kriegsalps, daß ein Hinweis genügte, um 
bei ihnen die größte Erregung auszulösen. Die Sozialdemokraten schil- 
derten den Massen die Oktoberrevolution und die Bolschewisten als 
böswillige Urheber des Bürgerkrieges, als Alleinschuldige an dem 
„Bruderkriege‘, da sie an Stelle demokratischer Verwaltungsformen die 
Gewalt einführten. Die mit Hilfe sozialdemokratischer Zeitungen und 
Schriften erzogenen, politisch organisierten breiten Massen und mehr 
noch die parteilosen Arbeiter, deren Phantasie durch die bürgerlichen 
Pressemärchen über die bolschewistische Schreckensherrschaft erhitzt 
war, brachten der Oktoberrevolution tiefes Mißtrauen entgegen. Ihr 
Entschluß, ihre eigenen demokratischen „Kulturbahnen‘” der Entwick- 
lung zu wandern, wurde immer fester, Als dann in der USSR. der 
Hunger ausbrach und die Sozialdemokraten triumphierend der Mitwelt 
verkündeten: „Wir haben es Euch ja gesagt, wohin die Diktatur des 
Proletariats führt, wir haben Euch gewarnt, daß ohne Demokratie das 
Volk zum Aussterben verurteilt ist!‘ — da glaubten wohl manche, 
selbst aufrichtig mit der kommunistischen Revolution sympathisierenden 
Arbeiter: „Möge dieser Kelch an uns vorübergehen!” 
Wir werden hier nicht die in der internationalen sozialdemokrati- 
schen Presse der Oktoberrevolution gewidmeten Stellen zitieren. Nur 
soviel sei gesagt: sie unferscheiden sich durch nichts von den Angriffen 
und Verleumdungen bürgerlicher Zeitungen. Sie bilden eine Blütenlese 
sozialdemokratischer Dummheit und Unverschämtheit, bringen den Haß 
der Sozialdemokraten gegen die Revolution zum Ausdruck. Die inter- 
nationale Sozialdemokratie sah und sieht in der Oktoberrevolution ihren 
Todfeind, weil ihr Charakter die von uns angewandten Methoden und
	        
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