Full text: Der Arbeitslohn

nicht imstande ist, sich die nötige Bildung (und ebensowenig das 
nötige Kapital) zur Selbständigkeit zu erwerben. Er war kein 
Manchestermann, der den Arbeitern alle Schuld oder doch alle 
Verantwortung für ihre Lage zuschiebt. Wir haben gezeigt, daß 
er ausdrücklich dem Staat die Aufgabe zuweist, die Arbeiter auf 
die von ihm für erforderlich erachtete höhere Bildungsstufe zu erheben. 
Arndt sagt selbst (S. 197) das Produktivitätsgesetz gelte nur 
unter gewissen Voraussetzungen, unter denen er an erster Stelle 
die wirtschaftliche Freiheit anführt. Nun, diese wirtschaftliche Frei- 
heit in ihrem wissenschaftlichen Verstande, als „voll wirksame 
Konkurrenz“, besteht nicht, solange jene Sperrung aller Produktions- 
mittel gegen die Arbeiterklasse besteht; und das wichtigste dieser 
Produktionsmittel ist das Land; in diesem primären Monopol 
wurzeln alle anderen, wurzelt vor allem das Kapitalmonopol. 
Arndt schließt (S. 198) folgendermaßen: „Es gibt nur ein 
sicher wirksames Mittel zur Steigerung des Lohnes, 
nämlich die Erhöhung der Produktivität der Arbeit‘. 
Das ist nur die eine Seite der Sache. Die andere Seite ist: Es gibt 
nur ein sicher wirksames Mittel zur Erhöhung der Pro- 
duktivität der Arbeit, nämlich die Steigerung des Lohnes. 
Es ist hier nicht der Raum, diese Behauptung zu beweisen, 
Sie ist unter dem Titel „der rationelle Sozialismus: das ökonomische 
Erstaunen“ auf S. 1028 meiner „Theorie“ nachzulesen. Ich darf 
sie allen meinen Kritikern zu sorgfältiger Beachtung empfehlen. 
Ich habe diesen Satz nicht nur theoretisch, sondern auch historisch 
bewiesen. Ich habe gezeigt, daß in Deutschland von etwa 1000 
bis 1400 kein Großgrundeigentum, daher keine Bodensperre be- 
stand, daß die kapitalschwachen Elemente ungehindert auf freies 
Land abströmen konnten, daß es infolgedessen keine Klasse von 
Lohnarbeitern, kein Lohnsystem gab, und daß, wieder infolgedessen, 
für einen an Kaufkraft reißend wachsenden Markt, Landwirtschaft 
und Gewerbe sich eines Aufschwungs der Produktivität erfreuten, 
von dem der vorsichtige Schmoller sagte, daß sich ihm nicht ein- 
mal der amerikanische Aufschwung des ı9. Jahrhunderts an die 
Seite stellen lasse. Arndt bemerkt dazu (S. 116): „Das Beispiel 
aus dem Zunftzeitalter dürfte wenig beweiskräftig sein und kann 
hier unerörtert bleiben.“ 
Roma locuta! Res finita ? 
Ich glaube nicht!
	        
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