amtes oder dem Amtsarzt. Dieselben sind ja dauernd in dem Arbeits-
bezirk anwesend und können die Notwendigkeit einer Sprechstunde
besser beurteilen, als der doch öfter von auswärts kommende Ortho-
päde das kann. Allgemeine Richtlinien lassen sich da nicht geben. M
meinen Bezirken, in denen ich als amtlicher Krüppelarzt angestellt bin,
habe ich Zwischenräume von acht Tagen bis zu zwei Monaten.
In den Ausführungsbesstimmungen zum Gesetz sind eine gangt
Reihe Hinweise gegeben, wie die Fürsorgestellen ausgebaut werdet
können. In meinem Arbeitsbereich ist ein Ausbau der Krüppelfür-
sorgestellen nicht in Frage gekommen. Wir würden. hier Gefahr ge-
laufen sein, unsere Kräfte allzusehr zu zersplittern und auch die Ge-
meinden mit unverhältnismäßigen Kosten zu belasten. Die Beratungs-
stunde sollte eine Einrichtung sein, die sich von der Behandlung det
Kranken fernhält. Ich bin zu dieser Auffassung gekommen durch die
Erfahrungen der übrigen Fürsorgetätigkeiten und ihre Stellung zu
den praktischen Ärzten. Jeder, der die Verhältnisse und die Meinungs-
verschiedenheiten unter den Fürsorgeärzten und den praktizierenden
Kollegen kennt, wird mir Recht geben, daß die Reibungsflächen et-
heblich vermindert werden, wenn Behandlung in den Fürsorgestellen
vermieden wird. Kranke, die der Behandlung und Nachbehandlung
bedürfen, überweisen wir einer geeigneten Anstalt. Die Gemeinden,
in denen ich krüppelärztlich tätig bin, haben ihr Interesse dadurch be-
kundet, daß sie meiner Krüppelheilanstalt (Orthopädische Kinderklinik
des Vaterländischen Frauenvereins, Gelsenkirchen) zu einer Erwei-
terung ein bedeutendes Darlehn zu mäßigem Zinsfuß gegeben haben.
Auch die Schulkrüppelfürsorge sehe ich lieber abgetrennt von der
Hauptfürssorgestelle, nicht ärztlich, sondern nur räumlich. Es ist ent-
schieden besser, wenn der Orthopäde in die Schule geht, als daß die
Kinder in hellen Haufen in die Fürsorgestelle gebracht werden.
Untersuchungsmöglichkeiten sind in den Schulen leicht herzurichten.
Man muß selbstverständlich verlangen, daß heizbare Räume zur Ver-
fügung gestellt werden; denn ohne vollständige Entkleidung der zU
untersuchenden Kinder ist ein ärztlich einwandfreies Urteil nicht
möglich.
Zusammenfassend können wir also sagen, daß die Fürsorgestelle
und ihr leitender orthopädischer Facharzt im weitesten Sinne alle
Fragen, die das Wohl der Patienten angehen, in Betracht zu ziehen
hat: körperliche Maßnahmen, Erziehungsfragen, Berufsausbildung.
Ihr sollen alle Auskünfte, die notwendig sind, zugänglich sein, insbe-
sondere das Urteil der Lehrer, aber auch die Auskünfte anderer Per-
sonen und Stellen, die über das sittliche Verhalten der Patienten und
ihrer Familie Bescheid wissen; denn für eine erfolgreiche Krüppel-
fürssorge sind der ganze verkrüppelte oder gefährdete Mensch und seine
M