Full text: Der geistige Arbeiter in der gegenwärtigen Gesellschaft und Geschichtsepoche

mittlerenStellen und nur 1 Prozent die leitende Stellung erobern. 
Das bedeutet, daß wir es nicht mehr mit einer Jakobsleiter 
zu tun haben, sondern mit einer Pyramide von sehr breiter 
Basis, die sich nach oben zu immer rascher verjüngt. Wir wer- 
den nachher noch sehen, daß die Spitzenstellen aus einem andern 
Grund aufhören, auch dem einen Besten zugänglich zu werden. 
Diese Umwandlung bewirkt eine völlige Strukturveränderung 
in der ganzen geistigen Arbeit: einmal die Tatsache, daß 100 
in der untersten Stufe stehen und immer wieder 100 in der 
untersten Stufe bleiben müssen, und daß diese 100 nun wie 
die Teilarbeiter an der Maschine als Teilarbeiter in einem gei- 
stigen Prozeß auch geistig verkümmern werden. Denn wenn ein 
Chemiker darauf eingestellt ist, immer und immer wieder ~ 
sagen wir in einem großen Nährmittelwerk — dieselben Fett- 
analysen zu machen und zu anderem gar nicht kommt oder nur 
gelegentlich, so erlahmt der wissenschaftliche Geist. 
Aber es zeigt sich dabei ein für den geistigen Arbeiter noch 
viel furchtbareres Phänomen, das ist folgendes: Wir haben 
davon gesprochen, daß die allgemeine Volksschule, die acht- 
jährige Schulpflicht, das Gesamtniveau unseres Volkes geho- 
ben hat. Die weitgehende Arbeitsteilung in der Industrie im 
Zusammenhang mit dieser Tatsache der hohen Allgemeinbildung 
bewirkt, daß der Arbeiter, der als Helfer diesem Prozeß zuge- 
teilt ist, in Jahren denselben Prozeß, den der Techniker voll- 
zieht, mit voller Sicherheit als Spezialprozeß vollziehen lernt. 
Ich will nicht behaupten, daß der Arbeiter dann dem studierten 
Techniker allgemein gleichwertig ist, aber in der spezifischen öko- 
nomischen Funktion kommt bei der Spezialisierung und Verein- 
zelung der höher qualifizierte, eingearbeitete Arbeiter dem zu 
unterst stehenden, noch so gut qualifizierten, aber spezialisierten 
Techniker gleich. Ich spreche hier nicht ein Urteil über den 
geistigen Habitus der zwei Männer aus, ich spreche von ihrer 
ökonomischen Funktion, und da doch der Kapitalismus nicht 
den geistigen Habitus und nicht den Charakter des Intel- 
lekts bezahlt, sondern nur die ökonomischen Funktionen, so 
kommt zum Schluß die Tatsache zur Geltung, daß diese Spe- 
zialisten der geistigen Arbeit, die nun in Massen auftreten, 
ebenso schlecht bezahlt werden, wie qualifizierte Arbeiter, sagen 
wir gut bezahlt werden. Wir sehen nun, daß diese soziale 
Pyramide der Techniker, die 1:10: 100 lautet, sich ohne
	        
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