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oder sich in einer ganz bestimmten Weise als Ganzes bewegt,
wie etwa unser Planetensystem. Diesen Gleichgewichtszustand
nennt die Physik die Statik!)., Wobei zu bemerken ist, daß es
durchaus nicht darauf ankommt, ob diese Statik realiter zu er-
reichen ist oder nicht. Das ist kaum jemals der Fall. Die stabilsten
Gebäude „setzen sich“, auch kleinere Wasserflächen, von den Ozeanen
ganz zu schweigen, liegen so gut wie niemals in vollkommener
Ruhe in der Horizontalen, und sogar unser Planetensystem unter-
liegt gewissen, von anderen Systemen herrührenden Störungen,
Es kommt also nicht auf die Realisierungsmöglichkeit der Statik
an, sondern nur auf ihre Berechenbarkeit als den Zustand des
Gleichgewichts der antagonistischen Kräfte: die Statik ist fast
immer nur eine „methodische Fiktion“. Aber diese Fiktion ist der
Physik vollkommen unentbehrlich: sie kann die Gesetze, die sie
sucht, nur finden, wenn sie methodisch, im Isolierverfahren, alle
„Störungen“ ausschaltet, d. h. von allen Änderungen der Daten,
die im Sinne ihrer Fragestellung „zufällig“ sind, abstrahiert. Dazu
hat sie zwei Methoden. Zuerst die des Experiments, wo alle
Störungen, soweit wie irgend möglich, de facto ausgeschaltet werden,
indem man z. B. im luftleeren Raum experimentiert, oder, bei elek-
trischen Messungen, alle „vagabundierenden Ströme“ der Luft und
des Bodens systematisch ableitet, oder, in chemischen Analysen,
sich reiner Reagentien und störungsfrei aufgestellter Wagen bedient.
Zweitens die Abstraktion im „Gedankenexperiment‘“: das Absehen
in methodischer Fiktion von gewissen „Störungen“.
Um ein solches Gleichgewicht zu errechnen, ist, außer selbst-
verständlich der Kenntnis der anschaulichen Eigenschaften des Sub-
strats, weiter nichts erforderlich als die durch Beobachtung ge-
wonnene Erkenntnis von Art, Richtung und Stärke der auf das
Substrat wirkenden Kräfte. Wenn ich weiß, was Wasser ist, und
durch Beobachtung finde, daß, von nicht interessierenden Kleinig-
keiten („Störungen“) abgesehen, auf den Ozean nur wirken der
Wind und die Schwerkraft einerseits der Erde, anderseits des
Mondes: so ist die Statik, das MNormalnull, theoretisch fest-
gelegt als derjenige Punkt eines Pegels, der bei Windstille
ı) Amonn (II) bestreitet das. Tatsächlich ist dieser Sprachgebrauch in Europa
ungebräuchlich. Ich habe mich der amerikanischen Terminologie angeschlossen, die für
unsere soziologischen Zwecke praktischer ist. Vgl. meine „Allgemeine Soziologie‘“ I,
S. 71. Es handelt sich hier um eine lediglich terminologische, d. h. völlig gleichgültige
Differenz: Amonn erklärt ausdrücklich, daß zwischen ihm und mir über den Begriff
der Statik „vollkommene Übereinstimmung“ besteht.
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