Die Kunst der Zeit und die Reformation
werpener Bildhaner Thomas Duellinus, dem der reiche
Reeder und Ratsherr Thomas Fredenhagen den prunkvollen
Marmoraltar im Chor der Marienkirche in Auftrag gab, und der
sich dieser und anderer Aufträge halber zwischen 1695 und 1706
wiederholt in Lübeck aufgehalten hat, die Reihe der charokte-
ristischen Barockwerke an Grabmälern und Altären, die besonders
dem Innern der Marienkirche durch ihr lautes anspruchsvolles
Formenspiel einen neuen wesentlichen Zug gegeben haben. Wie
man im Geist des Barock eine fürstliche Grabkapelle mit ge-
schmackvollem Prunk auszustatten habe, dafür gab Quellinus
in der Lentekapelle des Doms das Vorbild, dem dann die
Lübecker Meister wie Frese und namentlich Hassenberg in
ähnlichem Geist und nicht ohne Geschick nacheiferten. Daß
unter den Malern von Weltruf Gottfried Kueller
aus Lübeck stammte und hier vor seiner Uebersiedelung nach
England einige Jahre seine Kunst als Bildnismaler übte, mag
nebenbei erwähnt werden. Daß aber die Zeit nicht mehr die
alte war, wo der Boden Lübecks große Talente festhielt und
zur Niederlassung anlockte, zeigt gerade das Beispiel seiner Lauf-
bahn. Der sichere Takt und die zünftige Schulung eines hoch-
stehenden Handwerks sorgte dafür, daß der Hausbau und die
Formen behaglichen Wohnens, daß die stolzen als Schmuck der
Fassaden wirkenden geschnißzten Türen mit ihrem reizvollen
Sprossenwerk im Oberlicht, daß die Malerei an Wänden und
Decken ebenso wie die im 18. Jahrhundert erst in Aufnahme
kommenden Stukkaturen, daß INöbel und Gerät von einer ge-
schmackvollen Tüchtigkeit und von einer reserviert vornehmen
Haltung bleiben, durch die sie ihr hanseatisches Wesen dem
Fremden gegenüber mit bewußter Deutlichkeit an den Tag legen.
Und diese kleinen geschmacksicheren Handwerks-Leistungen des All-
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