Schluß.
werden soll. Die natürlichen und die daraus zu schaffenden
wirtschaftlichen Bedingungen für eine nationale Entwickelung
der Fabrikindustrie in den nicht tropischen lateinischen Re-
publiken sind also an sich vorhanden, aber trotzdem
wird wohl diese Entwickelung niemals der europäisch-
nordamerikanischen gleichkommen, denn hier spielt der
Träger aller Lebensbetätigung, der Mensch, die ausschlag-
gebende Rolle. Wir wissen, daß die Bevölkerung dieser
Länder romanischen Blutes, die Einwanderung in der Haupt-
sache romanischen Ursprungs ist, und darin liegt eben die
Schwäche der Zukunft dieser Länder. Die Vorzüge der
Romanen liegen nicht auf dem nüchternen Gebiete des Wirt-
schaitslebens und. der Industrie; das zeigt der Gang der Ge-
schichte und nicht zum wenigsten der Gegensatz, der heute
zwischen den germanischen Vereinigten Staaten von Nord-
amerika und dem romanischen Süden besteht.
Die ganze Frage einer zukünftigen wirtschaftlichen
Gleichwertigkeit der lateinisch-amerikanischen Länder scheint
eine Rassenfrage, und nichts kennzeichnet diese Erscheinung
deutlicher als ein Wort des bekannten Präsidenten Bolivar*)
der sagte, wenn es für irgendein Land möglich wäre, in
den Zustand des primitiven Chaos zurückzusinken, so würde
das spanische Amerika dieses letzte Stadium erreichen.
Amerika sei für seine Rasse nicht zu regieren. Wenn Bo-
livar damit auch die Romanen nicht direkt treffen wollte,
sondern mehr das Bevölkerungselement, das aus der Mischung
von Romanen und Eingeborenen hervorgegangen, ist, so
liegt darin eben das kennzeichnende Merkmal: Die Germanen
haben in Nordamerika die Eingeborenen vernichtet oder ver-
drängt, aber sich nicht mit ihnen vermischt, während die
Romanen in ihren Kolonien ganz anders verfuhren. Die
erbärmliche Mischbevölkerung, besonders der tropischen
Länder, die Bolivar so hoch einschätzt, wird für alle Ewig-
keit ein Hindernis für eine gesunde wirtschaftliche Entwicke-
lung dieser Staaten bleiben. In den subtropischen Republiken
sind die Verhältnisse allerdings viel besser, das europäische Ele-
ment herrscht vor, aber es besteht aus Romanen, die eben-
sowenig, wie es ihnen in Europa mit ihren Ländern gelingt,
das lateinische Amerika zu einem dem germanischen wirt-
schaftlich und industriell überlegenen Gebiet werden um-
wandeln können. Es ist ein Unglück für das reiche Süd-
* Weber: Zur wirtschaftlichen Lage in den tropisch - amerika-
nischen Staaten.
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