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Glücklich und lange noch lebte.
Oder ich half dem Vater
Und dünkte mich selber groß,
Wenn das große Werkzeug ich tragen durfte,
Und ich war glücklich,
Wenn mich Mutter streichelte und küßte.
Und heut!
Oh, ich bin klug geworden,
So klug,
Ich weiß, wie groß die Welt ist
Und wie tief,
Wie abgrundtief.
Und wie weit es ist
Von der Erde bis hinauf zu dem Himmel,
Und ich sehe jetzt so viele
Glänzende, lockende Strahlen,
Daß ich oft nicht weiß,
Was Stern und was JIrrlicht!
Und ich sehe auch oft,
Wie in das Auge des Guten
Eine stumme Träne tritt.
Und ich habe es gehört
Das höhnische Lachen der Schlechten.
Und ich frage erstaunt:
Ja, ist denn das Leben kein Märchen?“
Das Haus gehörte einem Möbelhändler, für den Dein Vater
hauptsächlich arbeitete, und so wohntet Ihr dort während Deiner
ganzen Kinderjahre. Aber dann brach in der Gründerzeit gegen
den Wettbewerb der Fabrikmöbel auch dieser Mittelstandsbetrieb
zusammen; die Gesellen wurden entlassen, später auch die Hobel-
bank verkauft, um die Miete für die Werkstatt zu ersparen, und
Ihr begannt ein jahrzehntelanges Hin- und Herziehen durch
Berlins Mietkasernenhöfe aller Stadtgegenden, in ihren soge-
nannten „Wohnungen“ von Zimmer und Küche.
Einen Lichtblick in diesem grauen Mietkasernenelend bietet
Deinen Erinnerungen der vorübergehende Besitz eines Häuschens
mit Garten im alleräußersten Nord-Osten, in Neu-Weißensee.
Deine Eltern hatten es zur Rettung einer Hypothek zeitweilig
übernehmen müssen. Für den „Mietkasernenjungen“ war dies
ein neues Leben und eine allseitige Offenbarung: eigene Bäume,
Büsche, Tiere und eine Tür ins freie Feld. Und der in der engen,
Stadtwohnung von Himmer und Küche zu quälenden Müßig-
gang verdammte Vater fand in dem Garten erfreuliche Arbeit
in Hülle und Fülle. Um so trostloser erschien Dir aber dem-
nächst das wiederbeginnende Großstadt-Elend. Dich ergriff ein
Heimwehssehnen nach Natur und Garten. Wie einst Rousseaus