boden, hatten die schlechtbezahlten Textilarbeiter sich ihre Häus-
chen errichtet, nicht mit den Segnungen der Zzivilissation ver-
sehen, mit Wasserleitung, Kanalisation, Straßenbeleuchtung usw.,
vielfach nicht mal mit „vrdentlichen“ Straßen. Aber sie wo h n-
t en; sie waren nicht untergestopft in irgendeine Mietkaserne.
Ich zeigte zunächst mit einer gewissen Befangenheit dem Gast
aus. der Großstadt diese Verhältnisse, und ich war erstaunt,
daß er sogar seiner Freude darüber Ausdruck gab. Daß Damaschke
gerade diese Wohnungsart immer wieder als etwas darstellte,
was nicht zugunsten der Mietkaserne verschwinden dürfe, hat
mich auch in späteren Kämpfen mit rückständigen Baubeamten
des Ministeriums, die für diese Kleinhäuser eine Bauordnung
schaffen wollten, die für Mietkasernen gepaßt hätte, stark
gemacht. Wenn diese Stadt — es ist nur eine von den vielen,
auf die Sie Einfluß geübt haben + heute noch in ähnlich
glücklichen Verhältnissen sich befindet, so glaube ich, daß Da-
maschke einen großen Anteil daran hat.
Ich habe später in einer Hafenstadt gewirkt; sie hatte hoch-
bezahlte Hafenarbeiter, die aber eng zusammengepfercht in
Mietkasernen wohnten. Ich habe in einer Großstadt mit Quali-
tätsarbeitern gearbeitet, die aber gleichfalls unter ungünstigen
Wohnungsverhältnissen litten, und ich habe immer gefunden,
daß die armen Textilarbeiter, die das Glück hatten, in einer
Stadt mit billigem Boden und ausgiebigem Raum zu wohnen,
viel glücklicher waren als alle, die ich nachher bei hohen Löhnen,
aber in schlechten Wohnungen gesehen habe.
Noch manches andere hat dort Ihren Beifall erregt. Z. B.
die Grundstücksankäufe > vieles, was der gute Mensch in seinem
dunklen Drange > wenn ich mich als guten Menschen bezeichnen
darfs - gemacht hatte, vhne mit den Lehren der Bodenreform
bereits vertraut zu sein. Aber ich habe dann an dem strengen
Maßstab der bodenreformerischen Lehre alles, was bereits ent-
standen war, nachprüfen können, und habe mich gefreut, wenn
mein Herr und Meister gesagt hat, daß es gut war.
Wir Bürgermeister + entschuldigen Sie, wenn ich mich heute
noch so nenne ~ haben alle, die ganze jüngere Generation,
unendlich viel von Damaschke in uns aufgenommen. Zwei große
Gesichtspunkte beherzigt jeder von uns, der auch nur mit einem
Tropfen bodenreformerisschen Oels„gesalbt ist: einmal den wirt-
schaflich-juristischen, daß der Kapitalismus, den wir aus dem
römischen Recht übernommen haben, in der bisherigen Form
gewiß keine Ewigkeitserscheinung ist, namentlich aber, daß er
Halt machen muß vor dem Boden, der nur begrenzt in der Hand
einer Nation vorhanden ist. Es ist falsch, wenn das freie Spiel
der Kräfte mit dem Boden wirtschaften kann, wie mit irgend
einer Ware, die beliebig produzierbar und transportierbar ist.
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