heute entfernter ist als vor dem Kriege, teils wegen des
übertriebenen wirtschaftlichen Nationalismus, der eine na-
türliche Folge des Krieges ist und erst jetzt zurückgeht, und
wegen der wirtschaftlichen Folgen der neuen Grenz-
ziehungen. Dieser Nationalismus und diese territorialen
Umgestaltungen haben zu einer unzweckmäßigen Vermeh-
UU 4404141m0z46:
führt. Der normale Verlauf des Güteraustausches
zwischen den zahlreichen Gebilden, die das neue Europa
darstellen, ist ernstlich unterbrochen. Gewisse Gebiete
Europas haben ihren Vorkriegsmart verloren, und
überall mußte man neue Abssatzgebiete suchen.
Sowohl in seinen Handelsbeziehungen mit anderen
Weltteilen als in seinem inneren Verkehr bedarf Europa
unter den heutigen besonderen Umständen dringend grö-
herer Freiheit für den Handel. Tatsächlich ist diese Freiheit
heute noch wesentlich geringer als vor dem Kriege.
19. Das Material der Konferenz gibt einen Überblick
über die Jollverhältnisse in der Welt. Schon erwähnt sind
die Formen der unerträglichsten unmittelbar nach dem
Kriege geschaffenen Handelshemmnisse, die seitdem in
weitgehendem Maße aufgehoben worden sind. Europa
hat jedoch auch jetzt noch höhere und kompliziertere, un-
beständigere und zahlreichere Jölle als 1913. Des wei-
teren ist es Europa nicht gelungen, das frühere System
der Handelsverträge wiederaufzurichten, statt dessen hat
sich die Gepflogenheit herausgebildet, Tarife, die für Ver-
handlungszwecke bestimmt sind, in Kraft zu setzen, bevor
diese Verhandlungen stattfinden. Wenn dann, wie es
oft vorkommt, diese Tarife nicht zu Vertragsabsschlüssen
führen, bleiben die Schranken hbher, als sie zuvor waren.
In den letzten drei Jahren bestand dauernd eine Tendenz
zur Erhöhung der Jölle, und durch die wirklich abge-
schlossenen Handelsverträge ist das erhöhte Jollniveau
nicht gesenkt worden.
20. Das sind die wesentlichen Züge der Lage, die zu
behandeln die Konferenz berufen war, und die die Grund-
lage bildeten für die in den Berichten der Kommissionen
enthaltenen Empfehlungen.
Allgemeine Entschließungen
a) Wirtschaftliche Tendenzen, die den
Weltfrieden berühren
. In der Erkenntnis, daß die Erhaltung des Weltfriedens
in weitgehendem Maße von den Grundsätzen abhängt,
nach denen die Wirtschaftspolitik der Nationen gestaltet
und durchgeführt wird, empfiehlt die Konferenz, daß
die Regierungen und Völker der vertretenen Länder ge-
meinsam und unablässig ihre Aufmerksamkeit dieser Seite
des Wirtschaftsproblems zuwenden. Sie faßt die Auf-
stellung allgemein anerkannter Grundsätze ins Auge,
geeignet, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu be-
seitigen, welche Reibungen und Mißverständnisse in einer
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