der nahen Grenze, die ihren Pulsschlag, den durchströmenden
Reichtum immer vor Augen hat!
Politische Erbweisheit des Römertums übermachte uns die
Strafe der Confinatio: Einbannung, Verstrickung, Eingrenzung,
die dem Eingebannten alle Auswege aus dem eingezirkten Raum
verbot, also in erster Linie das Verkehrsfeindliche einer solchen
Grenze hervorkehrte. Sie ist als Internierung, als Aufenthalt in
einer bestimmten Gegend, einem bestimmten Ort, als Melde-
pflicht in ihrer mildesten Form neuerdings wieder aufgelebt,
und wurde in ihrer rauhesten Form zum Konzentrationslager
des Burenkrieges, zur nationalen Einbannung der Deutschen
durch die angelsächsischen Kolonialherrschaften und durch
Frankreich! Es kommt nur darauf an, hier die Analogien zu
sehen. In allen reichsbildenden, wuchskräftigen Mächten sind
„fines“ und „frontes“, wie schon als Reichsgrenzen des römi-
schen Imperiums, immer als wechselnde Säume empfunden
worden, wenigstens in der guten Zeit biologischer Vitalität.
„Limes“, Rennsteig, Schanzenreihen sind spätere Typen ver-
sagender Lebenskraft. Die guten Zeiten ließen vor den Sperren
und Grenzwällen in den Straßenkarten das Geäder des Im-
periums stärker betont zu ihrem Recht kommen und zeigten
die Grenzen selber nicht. Welch suggestives Kartenbild ist z. B.
die marmorne römische Straßenkarte im kapitolinischen Mu-
seum in Rom! Nur das allmähliche Dünnerwerden des Straßen-
netzes zeigt die Endstadien und Übergangsräume des Imperiums
an. Es läßt gegenüber den fines die enorme Bedeutung des Weg-
begriffs der römischen via, des chinesischen tao-dö erkennen
und mahnt an das Wort: „All human progress resolves itself
into the building of new roads!“ Gewiß, aber jeder neue Weg
durchbricht, überwindet eine Grenze, zum mindesten in der
Vorstellung des Zeitalters, in der er gebaut wird.
„Natio“ und „imperium“ sind ähnliche vieldeutige Erbworte
des alten Rom. Goethe hat uns die Nation mit „Volkheit“ über-
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