Full text: Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung

etwa wohlerworbene Servitute auf Privatgrundstücke, Gründe, 
die oft stärker sind als die neuentstehende Grenze. Wie zäh 
hält z. B. auch das jetzige China, der „Volksstaat der blühenden 
Mitte“, seine Souveränitätsrechte auf die Außenländer fest, aus 
der Erfahrung, daß er die vorübergehend verlorenen doch 
immer wieder bekommen hat, sobald die Welle wieder auf- 
wärts ging, sofern nur in der kritischen Zeit der Rechtsanspruch 
gewahrt geblieben war. Ähnlich planmäßig und zielstrebig ver- 
fährt die römische Kirche mit gutem Erfolg. 
Im allgemeinen finden wir aber doch eine weit größere 
Flüssigkeit auch des überstaatlichen Grund- und Boden- 
verkehrs auf dem Planeten, mehr Raumwechsel als die klein- 
räumige mitteleuropäische Vorstellung vom Grenzenmachen 
auf lange Dauer glaubt. „Securitas“ ist nicht die Regel, sondern 
die Ausnahme. 
Bedeutsam für den Begriff des Grenzenmachens ist vor allem 
die Vorstellung, die der Ausführende vom Darstellbaren und 
Nichtdarstellbaren an der Grenze hat. Viele Servitute lassen 
sich in Karten einzeichnen und so festhalten; andere ent- 
ziehen sich völlig der Grundrißzeichnung und ihren Möglich- 
keiten. 
Gerade der Begriff der „Vertiefung“ in den Heimatboden 
und die Lebensform des umgrenzten Vaterlandes verbietet, die 
rein flächige Raumveränderung als endgültig, auch nur als be- 
friedigend anzusehen. Man müßte denn auch so typisch ein- 
deutige Bauten, Kulturzeugen wie die Kaiserburgen des Elsaß, 
die Rotbartfigur in Kaysersberg, das nun „Mont libre“ um- 
getauft ist (als ob damit Gayler aus der deutschen Religions- 
geschichte verschwände!), das Straßburger Münster über die 
Fläche mit zurückziehen können! 
Selbst wenn wir von den Grenzen so hochentwickelter 
Kulturlandschaften absehen, dann finden wir bei der ganz 
primitiven Weidegrenze, beim Zerschneiden gewohnter Sommer- 
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