Full text: Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung

über Deshima und Hirado, China im Falle von Kanton gegen- 
über Shamien; so ist London-East in England, Wien gegenüber 
den österreichischen Alpenländern als Filter verdächtig; Reichs- 
städte schufen sich Sondergebiete (Nürnberg-Fürth!), auch bei 
Staaten erwächst auf solchem Grunde zuweilen das Bestreben, 
sich Sonderorgane zu bilden. Die Paßstaaten der Alpen: Savoyen, 
Urkantone, Tirol, die über die Alpen greifenden Herrschaften 
der großen Bistümer, Salzburgs, Freisings wuchsen auf diesem 
Grunde. 
Ganz andere Bilder zeigt die erstarrte oder erstarrende, die 
Trägestauungsgrenze. Sie weist große Unterschiede auf, 
je nachdem sie aus Trägestauung von innen her entsteht (Japan 
zwischen 1636 und 1854, das alternde Venedig), oder als Druck- 
grenze erstarrt ist, durch Pressung von außen her, durch Ab- 
schnürung oder auch durch eine Gegenwehr gegenüber allen 
Einwirkungsmöglichkeiten von außen her, die im Innern gegen- 
strebige, Verdrängungen schaffende Hemmungen des natür- 
lichen Verkehrsdranges und Blutumlaufs bewirkt. Alte und 
neue österreichische Grenzen waren reich an solchen Erschei- 
nungen, das Verhältnis zwischen Serbien und Mitteleuropa ist 
durch ungarische Grenzhemmungen auf diese Weise vergiftet 
worden. 
Eine weitere Möglichkeit bietet sich, wenn wir E. Tenots 
Unterscheidungen annehmen (770), indem wir zwischen ent- 
gliederten, nicht anerkannten, vergewaltigten Grenzen (demem- 
br6e), entspannten und ratione temporum zu ertragenden (tole- 
randae), zu überwallenden und zu verschmerzenden (neutre) und 
natürlichen, als dauernd wünschenswert beiderseits empfun- 
denen (naturelle) unterscheiden. In diesem Sinne ist das deutsche 
Reich von heute, bis auf wenige Stellen, von „frontieres demem- 
br6es“ umgeben. Als „neutre“ würde die schweizerische und 
niederländische Grenze, als „naturelle“ nur die Wasserkante 
empfunden werden können, aber mindestens mit gleichem 
15m
	        
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