wohner durch unsinnige Grenzen und Zertrennungen zur Be-
schleunigung eines möglichen Unterganges selbst getan haben.
„Je dunklern Weg du gehst — je mehr nimm Licht!“
Heben wir aber die beleuchtende Fackel, so enthüllt sich das
wirklich Geschehene, des Schleiers der darum gewobenen Phra-
seologie entkleidet, in seiner ganzen grotesken Sinnlosigkeit.
Innereuropa, mit seiner geographischen und politischen Be-
schneidung und Verstümmelung lebensnotwendigen Zellenauf-
baues, mit unmöglichen Grenzen der Lebensform in einem an
sich erstickend engen Lebensraum — in welchem schneidenden
Gegensatz steht es zur Vorstellung eines Zeitalters und Kultur-
kreises, dem ein Spengler faustischen Lebensdrang ins Uner-
messene, Grenzenlose geradezu als Leitwort aufprägen konnte?
Begreiflich ist es, daß eine solche Anklage über Untergangs-
reife gerade dem Kulturboden "eines Hundertmillionenvolkes
entstieg, das diesen faustischen Charakterzug zu seinem Glück
und Schaden wohl am meisten ausgeprägt unter den Völkern
der Erde trägt, zu einer Zeit, als es in seinem Atemraum auf
unerträgliches Mindestmaß beschränkt wurde und deshalb die
beginnende Grenznot der Menschheit auf der übervölkerten
Erde als erstes im 20. Jahrhundert in tiefster Seele durchlebte.
War dieses furchtbare Gren zerlebnis, diese zur Wiederausdeh-
nung auf friedlichem Wege mit freiwilliger Grenzöffnung oder
aber zur Explosion drängende Spannung gerade dem deutschen
Volke zu seiner Grenzerziehung nötig — die Spannung zwischen
dem Ideal des Grenzenlosen, des nach innen Übervertieften, des
übervölkischen, raumfremden Menschen und der Wirklichkeit
des am meisten in seiner freien Entfaltung gehemmten, raum-
engsten Großvolks der Erde?
War sie nicht vielleicht nur deshalb überhaupt möglich,
weil dieses faustische Volk der Menschheit zwar alle möglichen
geistigen Ziele errang, Begriffe und Begriffsbestimmungen
schenkte — nur den des rechten Maßes und der verstandenen
)