langen Ruheperiode, die nicht die Regel, sondern die Ausnahme
ist, und läßt den Gegenschluß zu, daß unklare Außengrenzen
auch in Mitteleuropa Rückschritt bedeuten!
Auch den „relativen Wert der Sprachgrenze wie der Kultur-
grenze“, ihre ungemeine Verschiedenheit — zum Beispiel (zo)
zwischen der wallartigen Sprachgrenze im Westen unseres
eigenen Volksbodens mit den „herabgefallenen Steinen von
einer großen Mauer“ und der gegenseitigen Durchdringung
von Germanen, Slawen und Zwischen-Europäern mit ihren
drei großen gegenseitigen Zungenbildungen im Osten — ent-
hüllt die Grenzempirie viel mitleidloser als die theoretische
Lehre. Wir finden vor allem vielfach eine Überschätzung der
Sprachgrenze auch von den Staatswissenschaften übernommen
und von der Linguistik natürlich begünstigt, so daß sie z. B.
zu unserem schweren Schaden an mehr als einer Stelle die
von ihrem Kulturwillen zu unserem Kulturboden und Staat
getriebenen zugewandten Kleinvölker gewaltsam zu fremden
Bereichen abschob (Masurenfrage, zugewandte deutsch-freund-
liche Slowenen in Kärnten, Aufdrängen des Schriftpolnischen
in Schlesien; Wendenfrage; Friesen — als Minderheit auf-
gezäumt usw.).
Willenseinheit zur Lebensform, zur Verwirklichung ihrer
Kulturmacht und Wirtschaftsmöglichkeiten, ihrer Persönlich-
keit im wachsenden Lebensraum zeigt uns die Empirie
wohl als den entscheidenden Faktor für die von einem Grenz-
willen zu ihrem Schutz umfaßte Volkheit. Mit dieser Auffassung
kommen wir zu fruchtbaren Ergebnissen und zu der Lebens-
haltung, zum Vivere, das ein primum ist und bleiben muß,
vor dem philosophari! (zz)
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