wir lange vor unseren Ministern und Sonderkommissaren der
besetzten Gebiete dort eine Reihe besserer Maßnahmen zur
Wahrung der Grenze, wenigstens in der Theorie.
Dazu gehörten etwa, mitten in einem seit 1911 tobenden
Bürgerkrieg geschaffen, ein sogenanntes Grenzverteidigungs-
amt in China mit zahlreichen Grenzverteidigungsbureaus (12.7.
1919!) Grenzverwahrungskommissäre bestimmter Grenzgebiete,
der meist gefährdeten Nordwestgrenze z. B. (die es übrigens auch
in Indien als ständige Stelle gibt!), und zwar neben der eigent-
lichen militärischen Schutzorganisation. Alle chinesischen Sied-
ler in Urga, Kobdo, Uljassutai, Maimatschin ressortieren in ge-
wissen Dingen direkt zu dem betreffenden Grenzgeneral, der
ihr natürlicher Verteidiger auf der inneren Linie ist. 1920
wurde die Grenzschutzkommission das Opfer innerer Wirren
und des Ehrgeizes ihres Chefs; schwere Grenzeinbußen in der
Mongolei, in der Folge deren Verlust, waren das Ergebnis des
Sieges innerer Parteiwut über gesunde Grenztheorie. Der
„Staatskommissar für besetzte Gebiete“ ist eine ähnliche Ein-
richtung. Alles auf Grenze, Epithelarschutz Bezügliche müßte
außerhalb des Parteikampfes stehen und frei von ihm gehalten
werden!
Schließen wir diese flüchtige Durchwanderung der Grenz-
literatur überschauend ab, so ist der Eindruck: gegenüber dem
ungeheuren Reichtum des Gebiets an Erscheinungen steht eine
unbegreifliche Armut, um nicht zu sagen Armseligkeit der
Literatur, aus der wenige Werke und wissenschaftliche Vor-
kämpfer herausragen. Diese Grenzwächter sind für zahlenstarke
Völker oft in mäßiggroßen Beratungszimmern unterzubringen;
ein Zustand, der an das Wort des Tschechenführers Palacky
gemahnt: „Wenn dieser Plafond einfällt, ist die tschechische
Nation tot!“ Es war der Plafond des Zimmers, in dem vor
wenig mehr als hundert Jahren die Forderung der heutigen
Tschechoslowakei geboren wurde (37)!
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