Full text: Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung

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VOM „SILBERGÜRTEL“: DAS MEER ALS GRENZE. 
EHE WIR SEINE GRENZBILDENDEN EINZELERSCHEINUNGEN BE- 
trachten, möge zuerst das Meer als Ganzes in seiner verbinden- 
den wie seiner scheidenden Kraft, lockend hinausglänzend, dro- 
hend herantobend vor uns hinfluten. Wir sollten gerade als 
Binnenländer von den planetarischen Erscheinungen immer die 
uns zunächst fernerliegenden, die Gegensätze unserer gewohn- 
ten Umwelt ins Auge fassen, ehe wir vertrauteren Bildern ge- 
genüber versucht werden, uns in Einzelheiten zu verlieren! 
Beim Meer als Ganzem aber, bei den ineinandergleitenden Oze- 
anen finden wir mit der fortschreitenden Entwicklung der Schiff- 
fahrt die Scheidekraft immer mehr von der vermittelnden, ver- 
bindenden Rolle überwogen: das Meer wird also als Grenze un- 
tauglicher, der Reiz der Ausdehnung darüber hinweg nimmt 
zu — die Schutzkraft ab, Nur ganz große Weiten erhalten sie 
sich noch. 
Eine der schönsten großen geopolitischen Aufgaben ist eigent- 
lich noch zu lösen: die Untersuchung des Hereinrückens zuerst 
der kleinen, dann immer größeren, zuletzt der größten See- 
räume in die Geschichte (59), ihr Dienstbarwerden gegenüber 
Reichsgedanken, das gleichläufige Zurückdrängen des helleni- 
schen Okeanosbegriffs, bis er sich zuletzt, wie die sagenhafte 
Südfeste, in den Gürtel der „braven Westwinde“ verflüchtigt — 
allenfalls noch den antarktischen Kontinent als erdumspannende 
Idee umströmend. An seine Stelle tritt der Hauptträger des 
Weltverkehrs, der Tummelplatz der Macht: das „Weltmeer“ 
in einem anderen Sinne, die Vereinigung der Ozeane. 
Der großen Entwicklung der physischen Ozeanographie ge- 
sellt sich immer mehr die Forderung nach einer gleichwertigen 
Behandlung der politischen Meereskunde (60), der Kultur- 
VI. 
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