China (93) daraufhin zu prüfen, wie weit sie solchen Anforde-
rungen gewachsen waren, deren übermächtige Last ungünstiger
gestaltete Durchgangslandschaften wie Flandern, die Lombar-
dei, Navarra, Schlesien zur „orchestra belli“ auf Jahrhunderte
vorher bestimmt und als Eigenlandschaft erdrückt haben, bis
endlich ihr Grenzproblem auf natürlichen Ausgleichslinien ge-
löst war und verknöcherte oder versteinte.
Im Zusammenhang mit solchen Untersuchungen wird man
natürlich dazu gelangen, Typen vorbildlicher Schutz- und
Verkehrsgrenzen aufstellen zu können, in denen sich die eine
oder die andere Eignung vorwiegend ausleben konnte, der
Gegensatz aber verkümmerte. Mit welcher Intensität pulste z. B.
der Eisenbahnverkehr über die wenigen Stränge der schmalen
belgisch-deutschen Grenze des alten Deutschen Reichs, ehe sie
zu beiderseitigem Schaden verstümmelt wurde; aber wie wert-
los als Sperre war auch die technisch hochwertige Festung
darin! Mit welch’ mattem Pulsschlag floß im Gegensatz dazu
der Verkehr trotz den neun bestehenden Linien über die rus-
sische Grenze, aber wie stark erwies sich hüben wie drüben
deren Sperrkraft. Wie spielt dabei auch künstliche Vernach-
lässigung herein, wie beim polnisch-russischen Weichselverkehr
vor 1914, beim Oberrheinverkehr jetzt. Was war Dirschau im
Westostverkehr Europas vor der Grenzzerschneidung von Ver-
sailles, aber auch im Verkehr nachDanzig ‚was ist es heute: einst
der wichtige Blutdruckverteiler an einer geschützten Längs-
verbindung unter Grenzschutz, heute die in eine Schutzgrenze
gefügte Hemmung. Ähnliche Rückentwicklungen vollzogen
sich im Sundgau, in Metz, aber auch in den in ihren Nach-
kriegserwartungen sehr enttäuschten ehemaligen Grenzver-
kehrsstützpunkten Toul und Verdun.
Es ist nicht die örtlich übersteigerte Hemmung besonderen
polnischen oder französischen Mißtrauens allein, es ist eine
allgemeine Erscheinung geopolitischer Lagenwand-
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