Full text: Finanzwissenschaft

I. Abschnitt. Grundbegriffe. 5 
rischen Aufgaben, ihre sogenannte Mission erfüllt. Diese Aufgaben 
überschreiten in großem Maße die Grenzen, die einer Generation 
gesetzt sind, und erfordern eine solche Organisation, eine solche 
Tätigkeit, welche der Natur der staatlichen Individualität entspricht. 
Jener ununterbrochene Prozeß, dessen Zweck es ist, die äußeren 
Bedingungen dieser Lebensaufgaben zu sichern, begleitet die Er- 
füllung dieser Lebensaufgaben sowohl beim Staat wie beim Indivi- 
duum. Die äußeren Bedingungen des staatlichen Lebens erscheinen 
im staatlichen Leben, ebenso wie im Leben des Individuums, als 
Bedürfnisse und zwar als staatliche Bedürfnisse. Mit der Be- 
friedigung dieser Bedürfnisse beschäftigt sich jene wirtschaftliche 
Tätigkeit des Staates, welche wir Staatshaushalt nennen. Der 
Staatshaushalt ist daher das Ergebnis der Natur des staatlichen, 
materiellen Seins, und dessen Aufgabe ist die Herbeischaffung der 
äußeren, wirtschaftlichen Mittel und Bedingungen des staatlichen 
Lebens. 
Der Staat als die Personifikation des materiellen Seins, welches 
die Gesamtheit des Volkes in sich faßt, befriedigt in weiten Ge- 
bieten seiner Tätigkeit nicht nur seine eigenen Bedürfnisse, sondern 
auch die der einzelnen Individuen. Jener Teil der Bedürfnisse, 
welcher aus der Zusammengehörigkeit, aus dem sozialen Zusammen- 
schluß folgt und dessen zweckmäßige Befriedigung in einem ge- 
wissen Stadium der sozialen Entwicklung nur mittels staatlicher 
Institutionen möglich ist, bildet die Gemeinbedürfnisse, welche 
an manchen Punkten mit den staatlichen Bedürfnissen ganz zu- 
sammenfließen. Unter den Gemeinbedürfnissen die wichtigsten sind 
die eigentlichen Staatsbedürfnisse, die aus der Erhaltung des 
Staates sich ergebenden Bedürfnisse. Während der Kreis der 
Staatsbedürfnisse ein ziemlich unveränderlicher ist, ist der übrige 
Teil der Staatsbedürfnisse (Hermann nennt sie im Gegensatz zu 
den absoluten Kollektivbedürfnissen, gemeinsame Bedürfnisse, all- 
gemeine Privatbedürfnisse) von der durch die Kulturstufe ver- 
schieden determinierten Staatstätigkeit abhängig, demnach ver- 
schieden und mit der Kultur steigend. 
Von diesen Bedürfnissen sind wieder jene zu unterscheiden, 
welche nicht sozialer Natur, sondern gänzlich oder zum großen 
Teile individueller Natur sind, für deren Befriedigung aus Zweck- 
mäßigkeitsgründen gleichfalls der Staat sorgt, wenigstens auf ge- 
wissen Stufen der Entwicklung. Es sind dies die öffentlichen 
Bedürfnisse, staatlich, gemeinwirtschaftlich befriedigte Indivi- 
dualbedürfnisse, Privatbedürfnisse. 
Die Befriedigung der Staatsbedürfnisse, der Ge- 
1% 
ve 
Ci 
1°
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.