wie der Künstler seine Kompetenzen überschreiten und vor allem
niemals zu rein geschäftlichen Dingen selbständig Stellung
nehmen. Daß er nicht nur im allgemeinen, sondern auch in kon-
kreten Fällen dem Reklamefachmann große Dienste leisten kann,
ist nicht zu bestreiten. Bestimmte in Aussicht genommene
Werbemittel, wie Fabrikmarken und vieles andere kann der
Psycholog nicht nur auf Grund allgemeiner psychologischer Er-
fahrungen, sondern auf Grund von ganz bestimmten, syste-
matischen Experimentaluntersuchungen kritisch prüfen. Wel-
cher Art diese Untersuchungen sind, dürfte nach unseren obigen
Abschnitten 5 und 6 ohne weiteres klar sein; Aufmerksamkeits-,
Apperzeptions-, Gedächtniswert und andere Werte eines bestimm-
ten Reklamemittels lassen sich experimentell feststellen und mit
den entsprechenden Werten anderer Reklamemittel experimentell
vergleichen. Um den Leser etwas näher in das Wesen solcher
psychologischer Beratung bei der Reklame einzuführen, gebe ich
hier zunächst ein Gutachten wieder, das ich einst für eine Firma
machte, die ein verbreitetes Innenplakat durch ein anderes er-
setzen wollte. Die Firma sandte mir auch das alte Plakat zu.
Das neue künstlerisch wertvolle Plakat war stark stilisiert. Der
angepriesene Artikel kam für Bureaus verschiedener Art, auch
für Schüler und künstlerisch ungebildete Personen in Betracht.
Der Wortlaut meines Gutachtens war (abgesehen natürlich von
Änderungen, die ich hier aus Gründen der Diskretion anbringen
mußte) folgender:
„Das neue Plakat Hirsche ist dem alten Plakat Vogelnest be-
deutend überlegen. Einmal wird es, wie ich experimentell mit
einer größeren Anzahl von Beobachtern festgestellt habe, viel
schneller aufgefaßt als das Plakat Vogelnest. Dann aber erweist
es sich auf Grund von Versuchen mit Personen verschiedener
Bildungsgrade viel verständlicher als das Plakat Vogelnest, das
wegen seiner eigenartigen Zeichnung und Färbung Ungebildeten
und Volksschülern mehr oder weniger unverständlich ist. Das
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