zu beobachten. Auch in der Psychologie und auch in der Re-
klamepsychologie finden wir solche Experimente im weiteren
Sinne des Wortes. Schon die angedeuteten statistischen Unter-
suchungen, bei denen man verschiedene Reklamen benützt, um
jeweils ihre Wirkungen zu studieren, gehören hierher. Denn
durch diese Reklamen werden zu praktischen Erkenntniszwecken
bestimmte Verhältnisse („Erscheinungen“) geschaffen, also rück-
sichtlich ihres Eintretens beeinflußt und in ihren Wirkungen auf
das Publikum studiert.
Dem erörterten Experiment ım weiteren Sinne stelle ich das
Experiment im engeren oder eigentlichen Sinne gegenüber. Es
liegt dann vor, wenn wir Erscheinungen nicht nur in ihrem Ein-
tritt oder Ablauf zu Erkenntniszwecken beeinflussen, sondern
wenn wir sie zugleich unter bekannte künstliche, varlierbare Be-
dingungen bringen. Es ist gegeben, wenn wir etwa die Ab-
hängigkeit der Ausdehnung eines Metallstabes von der Tempe-
ratur studieren. Wir geben dann dem Metallstab der Reihe nach
verschiedene Temperaturen, um bei jeder einzelnen seine Aus-
dehnung mit Hilfe eines Maßstabes zu messen. Dabei tragen
wir dafür Sorge, daß die Temperatur in der Zeit, während wel-
cher wir die Messung ausführen, möglichst konstant ist. Der zu
beobachtende Gegenstand, der Metallstab, befindet sich also bei
diesem Versuch unter bekannter, künstlich variierbarer Tempe-
ratur, also unter bekannten, künstlich varlierbaren Bedingungen,
Wir haben es somit hier in der Tat mit einem Experiment im
engeren Sinne zu tun 1).
Das Experiment im engeren Sinne ist um so vollkommener, je
bekannter uns die Bedingungen sind, unter denen die Unter-
suchung stattfindet. Die vollkommensten Experimente dieser
Art finden wir in den allgemeinste Gesetze suchenden Natur-
wissenschaften, also in der Physik und Chemie. Die übrigen
1) Vgl. hierzu Karl Marbe, Experimentell-psychologische Untersuchun-
gen über das Urteil. Eine Einleitung in die Logik. Leipzig 1901. S. 3.
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