hatten es zu keiner klaren Lösung kommen lassen. Man
suchte künstlich eine Art Gleichgewicht der Balkanmächte
herzustellen und übersah das innere Anrecht einer Macht auf
eine führende Stellung.
Die Bulgaren nannte man wohl die „Preußen des
Balkan“, aber so wenig man den wirklichen Preußen die
Führung auf dem Wege zu einem starken und einigen
Deutschland gegönnt hatte, so wenig gönnte man den Bal-
kan-Preußen eine Vormachtstellung und die Schaffung eines
großbulgarischen Staates. Je mehr man in Deutschland
diesen inneren Zusammenhang der Dinge durchschauen lernte,
um so wärmer wurde der Anteil, den man dort den bulga-
rischen Bestrebungen entgegenbrachte. Sah man doch in
gewissem Sinne in der Entwicklung der Balkandinge ein
Spiegelbild der eigenen Vergangenheit. Auch Preußen-
Deutschland hat schwer und lange und nicht ohne harte
Rückschläge um Freiheit und Einheit und Macht gerungen.
An Ausdauer und unverzagter Tapferkeit stand der Bulgare
jenem hohen Vorbild nicht nach, bis auch ihm das Geschick
den Sieg nicht vorenthielt.
Für das gleiche Ideal der nationalen Einigung, das
schließlich zur Gründung des Deutschen Reiches auf dem
Schlachtfeld geführt, hat auch Bulgarien wiederholt ge-
blutet. Und auch von der gleichen Einkreisungspolitik, die
Deutschland aufs neue das Schwert in die Hand gezwun-
gen, sah Bulgarien sich im Kleinen und Großen bedroht.
Eingekreist war Bulgarien zunächst durch die anderen Bal-
kanmächte im zweiten Balkankrieg, eingekreist dann weiter
mitsamt der Türkei im Verlaufe des großen Krieges durch
dieselbe Mächtegruppe, die gegen Deutschland und Öster-