Full text: Die Bedeutung des "Nationalen Systems" für die Vergangenheit und für die Gegenwart

I” 
/ 
der Bedarf des Volkes an Lebensmitteln und Materialien mehr und 
mehr durch Einfuhr gedeckt wird, dafür mehr und mehr Fabrikate, 
Schiffahrts-, Kaufmannsdienste zur Ausfuhr gelangen; und dem- 
gemäß Industrie usw. der Bodenproduktion mehr und mehr über 
den Kopf wachsen. 
Die Neuerer des Achtzehnten kämpfen für Beseitigung der 
»künstlichen Maßnahmen«, mittels deren die Bureaukratie bisher 
den Güteraustausch mit dem Auslande »poliziert«, d. h. in bestimmte, 
der Staatsraison, wie sie von ihr gedeutet wurde, entsprechende 
Bahnen zu lenken versucht hatte, Sie tun dar, daß die passive 
Bilanz, welche durch solche »Bevormundung« vermieden werden 
sollte, ein Phantom sei. Sie sind sich darüber klar, daß die Staats- 
kunst des ancien regime, die danach gierte, den Export über den 
Import zu steigern und so eine aktive Bilanz zu sichern, einem 
Irrlicht nachjage — daß diese Politik, wenn allgemein geübt, keinen 
andern Erfolg haben könne ‚als den, allgemein den Verkehr zwischen 
den Völkern zu lähmen, den Grad der territorialen Arbeitsteilung 
und dadurch den Wirkungsgrad der Produktivkräfte jedes Volks 
herabzuschrauben. Mehr Verkehr, vollkommenere Arbeitsteilung, 
höhere Produktivität, als das Zeitalter der Handelseifersucht sie 
gekannt — danach steht ihrer aller Sinn. Nur mit einem ausdrücklich 
oder stillschweigend gemachten Vorbehalt: die Verflechtung der 
Volkswirtschaft in die Weltwirtschaft müsse innerhalb gewisser 
Grenzen beharren; die »erste aller Künste«, die Landwirtschaft, 
dürfe nicht allzusehr zurückgedrängt werden. 
Mit Vauban und Boisguilbert hebt der Protest gegen 
den »Manufakturfanatismus« an, der der Landwirtschaft Frankreichs 
so schwere Wunden geschlagen habe (Ausfuhrverbot für Korn; 
Einschränkung des Weinbaus). Weit heftiger wird er gegen 1750. 
Dem Industriestaatsideal der Colbertisten stellen die um Quesnay 
das eines Staates mit ungefährem Gleichgewicht von Landwirtschaft 
und Nicht-Landwirtschaft entgegen; eines »harmonischen« — 
eben wegen des Aufeinanderabgestimmtseins der Hauptarten der 
»Economie publique« harmonischen — Wirtschaftsgebildes; eines 
royaume agricole«, 
In England, wo damals noch die Bodenproduktion Trumpf ist 
(Ausfuhrprämie für Korn), akzentuiert sich der Zwiespalt zwar 
minder scharf, Aber Hume wie Smith nehmen deutlich Partei 
für die Auffassung, die jenseits des Kanals sich zur Herrschaft ringt. 
Kontrastiert man, wie herkömmlich, das »Industriesystem«e, das 
im »Wealth of Nations« vorliege, mit dem »Agrikultursystem« 
des »Docteur«, so wird eine grundfalsche Vorstellung erweckt. So- 
viel auch List gefehlt hat bei Darstellung und Wertung der Lehre 
Smiths — wenn er ihr jenen gedankenlos immer wieder nachgebete-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.