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draußen auf. keinerlei Barrikaden träfen, darauf hinaus, dem Aus-
lande weniger Fabrikate zu verkaufen. Es gibt keine Hemmung
des Imports ohne entsprechende Hemmung des Exports. Dura
lex, sed lex — leider begreifen die Sachwalter unserer Export-
gewerbe dies Gesetz ebensowenig wie unsere Reichsregierung;
sonst würden sie doch wohl weit stürmischer und geschlossener
aufbegehren wider dies »Kompromisseln«*,
Solche Politik der »mittleren Linie« konnte Deutschland —
wenn es auch zufolge ihrer seinem Fortschritt einen Hemmschuh
anlegte — sich leisten damals, als es trotz dieses Hemmschuhes
rasch vorankam; als es, nach der bekannten Schätzung Helfferichs
für die Jahre vor dem Kriege, jährlich 8 bis 9 Milliarden Mark
seinem Vermögen hinzuzufügen imstande war, Heute, wo Fülle
in schweren Mangel umgeschlagen ist, nicht mehr.
Heute ist Deutschland relativ noch stärker besiedelt als
z914. Nach dem Verlust von Elsaß-Lothringen, Saargebiet,
Westpreußen, Ostoberschlesien stehen ihm von den begrenzten,
im nationalen Boden wurzelnden Produktivkräften erheblich weniger
— quantitativ wie qualitativ weniger — zu Gebote, während seine
Ziffer nur um ein ganz geringes abgenommen hat. Indem die
Bevölkerungsdichte auf den akm jetzt 132 Menschen beträgt, liegt
sie um 6,5 % über der der Vorkriegszeit?, das durchschnittliche
Realeinkommen dagegen um etwa 30 % unter dem der Vorkriegs-
zeit. Heute muß eine Politik der geraden Linie betrieben werden.
»Es wäre Thorheit« — sagt List, — »wenn eine Nation Produkte,
in deren Hervorbringung sie von Natur nicht begünstigt ist, und
die sie besser und billiger vermittelst der internationalen Arbeits-
teilung, durch den auswärtigen Handel, sich verschaffen kann,
vermittelst der nationalen Arbeitsteilung sich verschaffen wollte«.
1 Jüngst hat zwar Zusammenschluß einiger Fertigindustrien stattgefunden
zwecks Bekämpfung des »herkömmlichen Protektionismus«, des Solidarschutz-
systems (vgl. W. Röpke, Die neue Wirtschaftsstruktur Deutschlands als
Grundlage seiner zukünftigen Handelspolitik. Schriften des Vereins für Sozial-
politik, a. a. O., S. 25). Aber zum handelspolitischen Machtfaktor zu werden,
ist ihnen bisher nicht gelungen. Noch immer liegt das Heft in der Hand der
en Fertigindustrien verscherzen sich selbst den Einfluß auf die öffent-
liche Meinung, indem sie zwar für die Vorprodukte Freihandel verlangen, aber
für ihre eigenen Erzeugnisse Zollschutz.
2 Eingabe der Vereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände an den
Reichskanzler vom 12. Mai 1925.
3 List, a. a. O., S. 143. — Nur dann erscheint es ihm als keine Torheit,
wenn die »Manufakturkraft« der Nation noch durch den »früheren Fortschritt«
anderer an der Entfaltung behindert wird; nur bis der Erziehungsschutz
sein Werk getan, darf vermittelst »nationaler« Arbeitsteilung gewonnen
DOT was besser und billiger mittelst »internationaler« gewonnen werden