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werden, wie auf dem durch politische und Zollgrenzen durchfurchten
europäischen Festlande. Während die Bevölkerungs-, Produktions- und
Handelspolitik der übrigen Weltteile eine Entwicklung aufweist,die zu-
mindest dem Rhythmus der Vorkriegsentwicklung entspricht, erreichte
die Bevölkerung und die Produktion Europas nach einem Rückfall von
dreizehn Jahren erst in der letzten Zeit das Vorkriegsniveau, wogegen
ler Handel noch weit hinter seinem Vorkriegsstande zurücktritt.
Die tieferen Ursachen der Krise der Weltwirtschaft sind vor allem
ın den organischen Veränderungen der Wirtschaftsgebiete, in der Um-
bildung der weltwirtschaftlichen Struktur zu suchen. Wir verstehen
darunter die Auflösung oder Ausschaltung der alten weltwirtschaft-
lichen Einheiten, die Entstehung neuer weltwirtschaftlicher Gebiete
und Relationen. Die wichtigste Erscheinung in dieser Hinsicht ist die
Verdrängung unseres Erdteils durch Amerika, das in dem nach An-
sicht Vieler noch bevorstehenden Zeitalter des Hochkapitalismus die
Führung der Welt an sich gerissen hat. Eine weitere Ursache der
Krise der Weltwirtschaft ist in den neuen, jetzt zur Anwendung gelang-
ten wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu suchen, die ihre Wirkung
sowohl auf dem Gebiete der Produktion, wie auch der Preisbildung und
des Verbrauches fühlen lassen. Auf dem Gebiete der Produktion zeigt
sich diese Wirkung in der außerordentlichen Teuerung, auf dem Ge-
biete der Preisgestaltung in der außerordentlichen Versteifung, auf
dem Gebiete des Verbrauches in seiner außerordentlichen Abnahme.
Während früher wirtschaftliche Krisen, als natürliche Folgen des ge-
steigerten Angebots, von Preisrückgängen begleitet waren, ist diesmal
irotz der anhaltenden Krise eine Senkung des Preisniveaus nicht er-
folgt, noch eine Verminderung der Arbeitslöhne zu verzeichnen. Die
Produktion hat auf den verringerten Verbrauch nicht mit der Herab-
setzung der Preise reagiert, sondern mit der Einschränkung der Erzeu-
zung, mit der Vermehrung der Zahl der Arbeitslosen. Die Erklärung
des hohen Preisniveaus ist hinwieder in der Erhöhung sämtlicher preis-
bildenden. Faktoren (Arbeitslöhne, Kredite, Steuern usw.), ferner in den
toten Spesen der Produktion, in der Größe des unausgenützten Produk-
Honsrahmens, in der sozialen Überlastung, in der Überspannung der
Produktion mit Hilfe künstlicher Mittel, kurz in der Überwucherung
ler wirtschaftlichen Organisation zu suchen.
Dieser wirtschaftlich irrationale Zustand wird durch Zölle, Absper-
rung und Subventionen aufrecht erhalten. Solange der handelspoli-
tische und der administrative Protektionismus wirksam ist, können die
Gesetze der wirtschaftlichen Logik nicht zur Geltung kommen und die
automatisch wirkenden Korrektiven des Wirtschaftslebens ihre wohl-
tätige Wirkung nicht ausüben.
Die Weltwirtschaft verfügt heute nur mehr über ein einziges auto-
matisch wirkendes Sicherheitsventil, das frische Luft in den verfal-
jenen Organismus einführt, und dies ist die Goldwährung, auf die bis
Ende 1927 rund 40 Staaten ihr Geldsystem von neuem aufgebaut