Full text: Die Weltwirtschaftskonferenz

46 2, Abschnitt. 
Rußland mehr exportieren, als vor dem Kriege. Der Glaube, daß der 
Sozialismus eine bessere wirtschaftliche Organisation ermögliche als 
der Kapitalismus, lege der Zusammenarbeit der Völker keine unüber- 
windlichen Hindernisse in den Weg. Sterov (Jugoslawien) unterstrich 
die größere Notlage der landwirtschaftlichen vor der industriellen Ar- 
beiterschaft und regte die Schaffung einer internationalen Kreditor- 
ganisation zur Gewährung von langfristigen Hypothekardarlehen un- 
ter Mitwirkung der landwirtschaftlichen Genossenschaften an. Dr. Sto- 
dola (Tschechoslowakei) gab zu, daß die ungünstige wirtschaftliche 
Weltlage am meisten in Mitteleuropa fühlbar ist, bestritt aber, daß diese 
Tatsache auf die politische Neugestaltung zurückzuführen sei; die vor- 
kriegszeitliche wirtschaftliche Konfiguration der mitteleuropäischen Staa- 
ien war nur einige Jahrzehnte alt, so daß von einer wirtschaftlichen Tra- 
dition nicht gesprochen werden könne. Hinsichtlich der öfter angeregten 
wirtschaftlichen Annäherung der mitteleuropäischen Staaten ist die Tsche- 
choslowakei bereit zu jeder effektiven Annäherung, die die Unabhängigkeit 
des Landes nicht gefährdet. Die Länder, die außerhalb dieser Gruppe 
stehen, mögen erklären, welchen Standpunkt sie einem solchen Zu- 
sammenschluß gegenüber in der Meistbegünstigungsfrage einnehmen, 
Der russische Delegationschef Obolenski-Ossinski (V. R. S. R.) 
sprach vom Kampf des Kapitalismus der verschiedenen Länder unter 
sich und vom Boykott gegen die Sowjetrepublik. Der Weltkrieg sei die 
gewaltsame Lösung der in 40 Jahren aufgehäuften wirtschaftlichen 
Widersprüche gewesen. Unter dem kapitalistischen System treibe die 
Welt schon jetzt wieder einem neuen Kriege zu, wenn sie nicht zum 
sozialistischen Wirtschaftssystem übergehe. Die konkreten Vorschläge 
des Redners klingen in den Forderungen aus: Streichung aller Kriegs- 
schulden; allgemeine Lohnerhöhung der industriellen Arbeiter; Wie- 
Jerherstellung des Achtstundentages; volle gewerkschaftliche Frei- 
heit; Unterstützung der Arbeitslosen; Kampf gegen die Preissteigerung 
der Kartelle; Abschaffung aller Beschränkungen im Wanderungswesen; 
Abschaffung aller Arten von Protektoraten und Mandaten; Rückzug der 
Kolonialtruppen; Beendigung aller Feindseligkeiten gegen China; Ein- 
stellung jedes wirtschaftlichen und politischen Boykotts und Gewäh- 
rung von Krediten an Sowjetrußland, sowie die vollständige militäri- 
sche Abrüstung. Vizepräsident der Konferenz Loucheur faßte die 
allgemeine Aussprache zusammen und zog daraus gewisse Schlußfol- 
zerungen für die Arbeit der Kommissionen. Mit den Fragen der Hin- 
dernisse des Handels wird sich auf Grund der Denkschrift der Inter- 
nationalen Handelskammer die erste Kommission zu befassen haben. 
Die Vereinigten Staaten von Europa seien auch in der wirtschaftlichen 
Form der Europäischen Zollunion noch nicht möglich, sondern höch- 
stens ein schrittweiser Abbau der Zölle, wenn die Konferenz die Ver- 
einheitlichung der Zollnomenklatur, eine größere Dauer der Handels- 
verträge und ständigere Zolltarife empfehlen könne. Für die Industrie 
zei eine vermehrte Rationalisierung durch Abschluß von internationalen
	        
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