18 2. Abschnitt.
Übersieht man die allgemeine Aussprache, in der 44 Rednern Ge-
legenheit geboten war, ihre Ansichten über die „wirtschaftlichen Ten-
denzen, die den Weltfrieden beeinflussen können“, vorzulegen, so
kommt man zum Ergebnis, daß die wohlvorbereiteten Vorträge über-
aus wertvolles Material geliefert und zur Bildung einer Weltmeinung
im wirtschaftlichen Sinn viel beigetragen haben. Jhre Schwäche be-
stand darin, daß sie nicht kontradiktorisch waren, die einzelnen Red-
ner nahmen keinen Bezug auf ihre Vorredner. Nur vereinzelt war ein
Kontakl zwischen den verschiedenen Rednern zu verzeichnen. Der
iranzösische Gewerkschaftsführer Jouhaux polemisierte mit Prof. Cas-
sel (allerdings ohne ihn zu nennen), der tschechoslowakische Vertreter
replizierte dem ungarischen Delegierten und Loucheur ironisierte die
Ausführungen der Russen. Abgesehen von diesen Ausnahmen, war die
allgemeine Aussprache keine Generaldebatte, waren die Ausführungen
ler einzelnen Redner bloße Monologe, die die Stimmung der Konfe-
renz nicht zu beleben vermochten.
Viel angeregter und ergebnisvoller waren die Verhandlungen in den
drei Kommissionen, die die Konferenz am Schlusse der allgemeinen
Aussprache einsetzte. Die Dreiteilung der Konferenz war vom Anfang
an gegeben, als das vorbereitende Komitee in seiner ersten Sitzung
drei Kommissionen, eine für Agrar- und Finanzfragen, eine zweite für
Industriefragen und eine dritte für Internationalen Handelsverkehr
bildete. Diese Arbeitsteilung hat sich seither als zweckmäßig erwiesen
und es wurde beschlossen, sowohl das Konferenzprogramm wie die
Konferenzarbeit und die Konferenzbeschlüsse in die drei großen Ab-
;eilungen des Handels, der Industrie und der Landwirtschaft zu glie-
dern, wobei nachdrücklich betont wurde, daß Arbeitsteilung nur der
Ausdruck für planmäßige Zusammenarbeit sei.
Die Handelskommission, deren Arbeit die wertvollsten Er-
gebnisse zeıtigte, verzichtete auf eine allgemeine Aussprache und
schritt sogleich zur Bildung von drei Unterkommissionen, von denen
die erste der Freiheit des Handels (Ein- und Ausfuhrverbote
and Beschränkungen; Einschränkungen, Regelung oder Monopole des
Handels; wirtschaftliche und finanzielle Behandlung der Ausländer,
deren. Niederlassung erlaubt ist), die zweite den Zolltarifen und
Handelsverträgen (Hindernisse im ınternationalen Handel, die
aus der Form, der Höhe und der Unstetigkeit der Einfuhr- und Aus-
{uhrtarife, aus der Zollnomenklatur und Zollklassifikation entste-
hen), die dritte der indirekten Protektion (Staatssubventionen,
Dumping;—verk6hrspoliltische Bevorzugungen) gewidmet waren. Die
arste und dritte Unterkommission waren nach kurzer Debatte bereit,
Redaktionsausschüsse zur Zusammenfassung ihrer Berichte zu be-
stellen, während die zweite Kommission, in der die Tariffragen zur
Austragung gelangten, eine äußerst angeregte Debatte hervorrief.
Als Grundlage für die Aussprache dienten die Vorschläge der fran-