Full text: Die Wohnungsnot

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Lene Wend / Die Flucht aus dem Niemandsland 465 
{t aus allen geftellten Schlingen zu ziehen, [o daß id) wenigjten? die Beruhigung 
ewüchfen aus feiner SFürforge für mich keine Nachteile, Er Iog dabei mit einer 
die mich zu heller Bewunderung hHerausforderte, blinzelte mir. dabei jo offen- 
aß jedermann dieje fanftdiden Lügen erkennen mußte, allein jo wenig man 
auf die auf meine Wiederbringung gefebte Belohnung zu verzichten, [vo wenig 
„man ji für diefen Herumvagabundierenden Mufjikanten, der — e3 hätte nich 
»t, — [ich dafür am liebiten durch Auffpielen einiger Stüclein erkenntlidh gezeigt. 
+ ielt er e8 aber doch für ratfamı, feine Perfon mehr in den Hintergrund gleiten 
{3 feine Hagere Geftalt verjhwunden, fühlte ich mid) wieder fo gottverlafien wie 
nglijdhem Boben. 
em Vater und Grace Seaton wurde idh al verlorener Sohn aufgenommen und 
ıehandelt, aber nicht etma im biblijhen Sinne. Man war nicht gefonnen, mir 
[lachten, wozu ja auch wenig Veranlajfung gewejen wäre, Man |Hrieb 
; der Scheu vor geregelter Arbeit zu und überfhlittete mid mit Härteften Bote 
bei verfehlte mein Vater nicht, meine Mutter für mein Handeln verantwortlich 
wa3 mich, wie er wohl wußte, am [Hwerften traf. 
Haft war unjere Wanderung troß jener einen Hocdhzeitsfeierlichkeit nicht geweien, 
njeHnlidhe Streden zu Fuß zurücgelegt zu einer Jahreszeit, die man gemeiniglich 
je Ausflüge zu benugen pflegt, die kalten Nächte häufig in leerftehenden Schuppen 
denen der Wind fein ungehindertes Spiel getrieben, der Transport von South- 
London hatte. mir keinerlei Verpflegung gewährt, die erlittene Enttäufdhung, 
Ällte, und nicht zum mwenigiten meine {Hledht verheilte Kopfverlegung, der ih 
ngfte Sorgfalt Hatte angedeihen laffen, alleS dies mochte mitjpielen: Kurz, während 
jich noch in den jchärfiten Ausdrücken über die mangelhafte Be[GOaffenhHeit meines 
rging, machte ich diefen Ergüjfen ein Ende, fiel bewußtlos zu Boden, riß im 
eine von meiner Tante fehr Jorgfam behütete Vaje herunter — und war allen 
mahnungen zunächft unzugänglidh geworden. 
Hen mußte ih das Bett Hüten. Eine heftige Bronchitis ftellte {ich ein. Id glaubte, 
johe3 Fieber Hatte, daß dies bereit3 daz Ende fei, und hHuldigte in den wenigen 
den dem Grundjag, daß meinem Vater jhon recht ge[hähe, wenn ich hier fterben 
im ließ er mich nicht nad Deutjhland zurückehren? 
Beit muß ih doch wohl einen etwas hedürftigen Eindruk gemacht haben, wenn 
dem Gefühl der allgemeinen Hoffnungslofigfeit, das mich übermannt, wenig 
ochen Habe. Yedenfalls erklärte mir mein Vater, er fei bereit, mic für die Weih- 
ıge nach Deutfchland zu jHiken, wenn ih mid verpflichte, in dem nächiten 
ı das er mic jenden werde, bis zum Ende meiner Schulzeit auzzuharren und mich 
t zu führen“. Diefe Mitteilung machte et mir am 15. Dezember. Meine Mutter 
meinem ®ommen benachrichtigt, — und ich verfprach alles, ohne ‚zu wijfen, ob 
eriprechen mürde Halten Können. Id war fo beglüdt von dem Gedanken, meine 
ber zu jehen, England wenigiten? für zwei Woden verlaffen zU dürfen, daß ich 
[ugenblid fajt Mitleid mit meinem Vater empfand, der 10 viele Enttäufdhungen 
Sohne erleben follte. 
Dezember fuhr ich ab hei einem grauenhaften Wetter. Zwar war ich noch nicht gang 
hergeftellt, der Arzt jelbft Hatte indeffen meine Reije befürwortet. Infolge allerlei 
len habe ich den Heiligabend auf einer Heinen Holländijchen Grenzftation ver 
Hatte den Anfehlußzug nach der Heimat verpaßt und verlebte den 24. Dezember 
ner Holländijhen Gajtwirtsfamilie, die fich, ohne daß hier etwa Weihnachten 
rbe, meiner jreundlichjt annahın. Da jedoch ein SGerlicht ging, baß gegen Morgen 
‚obener Bug nach Deutfdhland abgelaffen werde, verließ ich mein Yuartier in der 
zaß bon eins biz fieben Uhr auf dem Bahnhof. Erreicht hatte id mit diefern vOr-
	        
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