am Main ausführlich gesprochen. Eine
Zeitungsnotiz hat darüber berichtet, daß ich
von den Kartellen des Einzelhandels ge:
sprochen und ihnen die Schuld zugeschoben
hätte. Ich erklärte dort, viel schlimmer in
der Preisverteuerung als die industriellen
Kartelle, von denen ich es in der Vergangen-
heit zugebe, daß hier und dort nicht immer
ılles in Ordnung war, wirke die Preisver:
teuerung beim Verschleiß der Waren. Denn
in der Leder-Enquete, in den Untersuchun-
zen, die die Landwirtschaftskammern ange:
stellt haben, wird klar erwiesen, daß
zwischen den Produzentenpreisen und den
Jetaillistenpreisen eine Spanne liegt, die un:
3rträglich ist, die produktions- und ver-
kaufstechnisch nicht zu verstehen ist, die
ich persönlich nur aus der Unterkapitalisa:
tion der Wirtschaft begreifen kann. Denn
wenn ein Schuhhändler 331 Prozent Auf-
schlag auf ein Paar Stiefel nimmt, die er bar
verkauft, so ist dieser Zuschlag ungerecht:
iertigt hoch. Wenn Sie einmal die Margen
durchprüfen, die Amerika für den Verkauf
der Waren hat, dann werden Sie finden, daß
in. Zukunft ein [Verschleiß der. Waren. „in
Deutschland nicht mehr statthaben kann,
wenn wir dieses System aufrechterhalten.
Die Verhältnisse legen so, daß für ein Paar
Stiefel 4 Wechsel laufen. Der Lederhändler
kauft das Leder für einen Rembours-
Kredit, er gibt den Wechsel weiter mit kurz
zem Kredit, der zweite Lederhändler hat
keine Deckung, die dritte und vierte Hand
haben keinen Kredit. Und wenn die Ware
in bar verkauft wird, wenn die Ware 2 bis
3 Monate im Lager liegt, dann liegen 20 bis
25 Prozent Kreditspesen auf der Ware. Ich
will dieses Beispiel einmal ins Gegenteil um:
setzen: Wenn ich Besitzer von 1 Million
angl. Pfund wäre und hier in Berlin ein
Schuhgeschäft aufmachte, zu den Fabrikan-
ten hinginge und die Stiefel sofort in bar
bezahlen kann, dann würde ich die
Ware sicherlich zu einem viel billigeren
Preise verkaufen können, würde in der kür-
zesten Zeit den größten Umsatz haben und
würde mit 10 Prozent Gewinn in der Lage
sein, das beste: Geschäft in Berlin zu
machen. In diesen Beispielen ist nur ein
Extrem ausgedrückt, und es ist nicht meine
Absicht, morgen ein Schuhgeschäft aufzu:
machen. Ich will nur in Stärkster Form das
Prinzip klar machen, daß auf diesem Gebiete
irgend etwas nicht in Ordnung ist, gegen das
man in irgendeiner Form — und bald —
Stellung nehmen muß. Auf diese Dinge hier
näher einzugehen, ist nicht am Platze ob;
wohl es die dringendste Aufgabe ist, die wir
m Reichsverband haben, diese Frage und
ı1och andere, die hier nicht berührt werden
zönnen, zu behandeln, zum Beispiel die
?rage der Exportförderung, die ebenso wich;
ig ist, und die Frage der Handelsverträge.
Das Präsidium hat gestern beschlossen, daß
ler wirtschaftspolitische Ausschuß, den wir
ıaben, bald zusammentritt, um alle diese
*ragen eingehendst zu erörtern. Ich bin
uch der festen Überzeugung, daß wir in
liesem Gremium und unter uns zu ganz
:ılaren Richtlinien kommen werden, was in
len einzelnen Punkten zu tun ist. Daran
ı1abe ich gar keinen Zweifel. Aber wie wir
liese Erkenntnis, die wir in den einzelnen
’ragen gewinnen werden, zum Wohle des
zanzen auswerten können, wie wir dieser
Irkenntnis zum Durchbruch verhelfen
:Öönnen bei denen, die die Geschicke des
Volkes zu leiten haben, das ist eine ganz
ındere Frage. Wenn die Währung in Ord-
ıung, wenn die Zahlungsbilanz aktiv ist,
lann kann sich ein Volk so viel Dummheiten
»rlauben, prozentual oder progressiv der
\ktivität in diesen‘ Dingen. In dem Maße
ıber, wie diese Dinge labil werden, sind die
Möglichkeiten, politische Scherze zu machen,
‚echt begrenzt, und wir sollten nach unserer
zanzen Struktur überhaupt aufs ängstliche
/ermeiden, irgendeinen Fehler zu begehen.
Denn sonst kommt die stets vorhergesagte
Catastrophe.
Wie eine solche Katastrophe aussieht,
sann nur aus der Vergangenheit ersehen
verden, denn sie ist mindestens jedes Mal,
venn eine Frage kumulierte, vorausgesagt
vorden und gibt mir Veranlassung, zum
zweiten Teile meiner Ausführungen überzu-
jehen, nämlich, Ihnen einen kurzen Über:
»lick zu geben über das, was in der Ver:
jangenheit, d. h. in den letzten 4 Jahren
Catastrophenartiges geschehen ist und vors
ıer angekündigt war, und um Ihnen an der
Hand der nicht eingetretenen Katastrophen
zu zeigen, wie schwierig die Dinge liegen,
ınd daß sie rein wirtschaftlich nicht zu
Ösen sind.
Wenn ich von den internen Verhält-
ıissen des Reichsverbandes absehe und nur
»inmal kurz andeute, was in den 4 Jahren
neiner Tätigkeit in dieser Organisation vor:
jekommen, ausgeführt und behandelt wurde,
was uns genau so drückte wie die ungeheure
?rage des Ausgleichs der Passivität unserer
Handelsbilanz, dann werden Sie sehen, daß
ılles dieses nicht so heiß gegessen wie es ge:
ocht wird, und daß doch noch ein guter