DIE ENTWICKLUNG DES BERGBAUS IN DEN LETZTEN 10 JAHREN
Der Bergbau zählte in der österreichischen Monarchie
/u den wichtigsten Aktiven der Volkswirtschaft und nahm
- selbst an den Ergebnissen der Welterzeugung ge-
nessen — eine ansehnlich hohe Stufe ein. Der Staats-
vertrag von St. Germain beließ zwar Oesterreich 905%
seiner Kupfererz-, 75% seiner Eisenerz- und Magnesit-
ınd 60% seiner Salzvorräte, doch verlor es an 60%
seiner Graphit-, an 90% seiner Braunkohlen- und
über 90% seiner Steinkohlenvorräte und mit
seinem Bedarf an hochwertigen Steinkohlen, Rohöl,
Quecksilber und Aluminium — um nur die wichtigsten
Posten anzuführen — geriet es in völlige Abhängigkeit
vom Auslande, da innerhalb der neu gezogenen Grenzen
niemals eine nennenswerte Gewinnung dieser Stoffe
stattgefunden hatte.
Hervorzuheben ist, daß der Bergbau in hervorragendem
Maße zu dem Wiederaufbauwerke beigetragen hat. Die
erzielten Erfolge sind aber um so anerkennenswerter,
als der Bergbau seiner Natur nach einer plötzlichen Um-
stellung widerstrebt und die Anpassung an das neue
Wirtschaftsgebiet daher nur unvergleichlich langsamer
erfolgen konnte als bei anderen Industrien.
I. Der Kohlenbergbau.
Die Vorräte Oesterreichs an Stein- und Braunkohlen
ınd an Ligniten (Zahlentafel 1) werden auf 500 Millionen
Tonnen geschätzt. Wird der durchschnittliche Jahres-
Dedarf Oesterreichs an mineralischen Brennstoffen mit
10 Millionen Tonnen Finheitskohle von 5000 Wärme-
Sinheiten (= rund 7 Millionen Tonnen hochwertiger
Steinkohle) angenommen, würden diese Vorräte selbst
unter der Voraussetzung, daß der Absatz an Inlands-
Kohlen auf das Eineinhalbfache seiner jetzigen Höhe
steigt, für mindestens 100 Jahre ausreichen. Von den
Vorräten entfallen nur 15 Millionen Tonnen (3%) auf
>teinkohle, der Rest auf Braunkohlen und Lignite. Der
Sigentlichen Steinkohlenzeit, dem produktiven Karbon,
3ehört überhaupt kein Vorkommen an; die wenigen bau-
Die Kohlenvor-
Lage des Vorkommens
Schrambach, Ybbstal, Grünbadı
am Schneeberg
Wiener Becken (Neufeld, Berndorf)
Hausheim-Oberwölbling
Wolfsegg-Thomasroith, Pramet
Becken der Mürz und Mur (Fohns-
dorf, Seegraben Parschlug, Göriach),
und Hart
Köflach-Voitsberg und Piberstein
Wies-Fibiswald, Kalkgrub
Lavanttal
Sonnberg
Häring
Weiz, IHlz, St. Kathrein
Tauchen
Brennberg
Kleinere Lignitbeckken
Niederösterreich
zZurgenland, Niederösterr.
Niederösterreich
Oberösterreich
Steiermark
Niederösterreich
Steiermark
”
Kärnten
Tirol
steiermark
Zurgenland
würdigen Steinkohlenvorkommen, die Oesterreich auf-
weist, liegen in Niederösterreich in den Lunzer- und
zosauschichten. Die Lunzer Kohle hat unter den öster-
’eichischen Kohlen den höchsten Brennwert, bis 7500
Wärmeeinheiten, ist koksfähig und eignet sich zum
3rikettieren und vorzüglich als Schmiedekohle. Die Kohle
ler Gosauschichten ist eine Sinterkohle mit einem Heiz-
vert von 6000 WE; sie bildet in der Grünbacher Mulde
ım Fuße des Schneebergs das wichtigste Steinkohlen-
‚orkommen Oesterreichs. Der auf diesem Vorkommen
assende Grünbacher Bergbau hat seine Anlagen weit-
zehend ausgestaltet und seine Leistungsfähigkeit gegen-
iiber der Vorkriegszeit nahezu auf das Dreifache gesteigert.
Von den Braunkohlen- und Lignitvorräten Oesterreichs
‚on zusammen 485 Millionen Tonnen entfallen ungefähr
e 170 Millionen Tonnen auf Steiermark und Oberöster-
eich, 85 Millionen auf das Burgenland, 40 Millionen auf
Niederösterreich und der Rest auf Kärnten und Tirol.
5owohl die Zahl der Flöze als der Heizwert der Kohlen
weist Verschiedenheiten auf; der letztere schwankt von
3500 bis 6000 WE, erreicht somit den Brennwert jüngerer
steinkohlen. Erhebliche Vorräte weist. Oesterreich an
Ligniten auf. Unter diesen Vorkommen haben in der
Nachkriegszeit das Wolfsegg-Thomasroither Vorkommen
m Hausruck in Oberösterreich und das Neufelder Vor-
:ommen im Burgenlande erhebliche Bedeutung erlangt. Die
Wolfsegger Kohle deckt schon heute über die Hälfte des
Cohlenbedarfes von Oberösterreich und Salzburg. Das
veufelder Vorkommen bildet die Grundlage des Ueber-
andwerkes Ebenfurth der Gemeinde Wien, welches an
20% des Wiener Stromverbrauches deckt.
Vor dem Krieg wurden im heutigen Oesterreich rund
27 Millionen Tonnen Kohle in 44 Betrieben mit einer
Belegschaft von 12.600 Köpfen gewonnen, so daß der
lurchschnittliche Förderanteil einer Person 2135 Tonnen
setrug. Die Erzeugung in der Nachkriegszeit über-
schritt bereits im Jahre 1920 die Höhe der Friedens-
» Opesterreichs.
Gattung der Kohle
Kohlenvorrat
in Millionen
Tonnen
{1000 ke)
Durchschnitts-
heizwert
in Wärme-
ainheiten
Durchschnitts-
förderung
1927 bis 1928
in Tonnen
Steinkohle
Lignit
Braunkohle
Lignit
Glanzkohle
15
75
35
170
6100
2500
4000
3300
4900
3600
5100
188.000
490.000
110.000
540.000
892.000
840.000
57.000
Lignit
Glanzkohle
Lignit
Braunkohle
(Slanzkohle
Lignit
Braunkohle
Lignit
» {
3500
5300
3500
4700
122.600
35.000
76.000
1
4
10
' 38800 | 338850.000