2. Die einzelnen Gesetzesbestimmungen,
a. Organisation und Durchführung der Versicherung.
Art. I. Diese Norm drückt den Grundsatz aus, dass die Versicherung ein
Werk des Bundes sei, der in Erfüllung der ihm übertragenen Aufgabe das
Wesentliche über ihre Anlage und Durchführung zu bestimmen hat,
Art. 2 überträgt die Durchführung der Versicherung gemäss den bundes-
rechtlichen Vorschriften und Anordnungen den Kantonen. Sie sollen
aber die Versicherung nicht direkt betreiben, sondern zu dem Zwecke eine
öffentlich-rechtliche Versicherungskasse mit eigener Rechtspersönlichkeit er-
richten. Diese Kassen sind die eigentlichen Versicherungsträger, auf deren
Rechnung der Versicherungsbetrieb geht. Sie sind Gläubiger der im Kantons-
gebiet zahlbaren Beiträge und Schuldner der Versicherungsleistungen. Die
Versicherung ist somit in Anlehnung an die gegebene politische Gliederung des
Landes nach dem Prinzip der Dezentralisation organisiert. Dies war schon
deshalb geboten, weil der Bund über eigene Organe, welche die Aufgabe über-
nehmen könnten, nicht verfügt und so auch hier wie in andern Gebieten der
Sozialpolitik, z. B. im Fabrikgesetz, an die Mitwirkung der kantonalen Be-
hörden appellieren muss. Die Kantone als Inhaber der Polizei- und der Steuer-
gewalt sind gerade in einer obligatorischen Versicherung am besten in der Lage,
die fortgesetzte Erfüllung der Versicherungspflicht zu kontrollieren und für
den regelmässigen Eingang der Beiträge zu sorgen.
Die Juristische Verselbständigung der kantonalen Kassen ist haupt-
sächlich aus vermögensrechtlichen Gründen vorgeschrieben. Der Versicherte
soll die Gewähr haben, dass seine Beiträge nicht im kantonalen Haus-
halt für allgemeine Staatszwecke verbraucht werden, wie anderseits die fi-
nanzielle Lage des Kantons nicht mit der Versicherung verkettet und zum
Schaden anderer Aufgaben beeinträchtigt werden soll. Die Verselbständigung
der kantonalen Kassen schliesst aber nicht aus, dass sie als Abteilung der
Staatsverwaltung verwaltet werden können, z. B. wie es schon heute in
Glarus und Appenzell A.-Rh. der Fall ist. Die folgenden Bestimmungen des.
Gesetzes, Art. 83—6, setzen die Grundzüge über die Organisation und
die Verwaltung der kantonalen Kassen fest,
Art. 3 bildet in gewissem Sinne eine nähere Ausführung und Präzisierung
des in der vorangehenden Bestimmung aufgestellten Grundsatzes. Von Be-
deutung ist speziell die darin enthaltene Vorschrift, dass die Gelder, die von
der kantonalen Kasse einkassiert werden, nur dem Versicherungszwecke
dienen dürfen. Die Versicherung ist nach dem Grundsatze der Gegenseitigkeit
zu betreiben. Die Kantone sollen die Gelder der Versichsrung nicht im
Staatshaushalte verwenden und dafür gegenüber der kantonalen Versiche-
rungskasse eine blosse Buchschuld eingehen. In den kantonalen Versiche-
rungskassen werden während der ersten 15 Jahre der Übergangszeit aus den
Überschüssen der Beitragseinnahmen gegenüber den reduzierten Versiche-
rungsleistungen nicht unerhebliche Rücklagen entstehen. Die Erträgnisse