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Diese Beschlüsse fanden eine wertvolle Unterstützung auf der
Stockholmer Konferenz, welche wenige Monate nach der Genfer
Konferenz von den Landeskomitees der Internationalen Handels-
kammer veranstaltet wurde. Bezüglich der internationalen Kartelle
nahm die Handeskammerkonferenz eine entschiedenere Stellung ein,
indem sie sich ja unmittelbar an ihre Mandanten, an die einzelnen
Unternehmer, wenden konnte, während die Weltwirtschaftskonferenz
mehr an die Länder appellieren und ihnen Entschließungen empfehlen
mußte. In der Frage der Staatsverträge hatte die Genfer Konferenz
hauptsächlich zwei Systeme mehrstaatlicher Verträge empfohlen:
eines zugunsten der völkerrechtlichen Kodifizierung des sogenannten
‚Fremdenrechtes« (Einreise, Aufenthalt, Niederlassung, wirtschaft-
liche Tätigkeit, juristische Stellung und Besteuerung der Ausländer,
ausländische Aktien- und Versicherungsgesellschaften) im Sinne
grundsätzlicher Gleichstellung mit den Inländern, der Beseitigung
des Visumzwanges u. ä.; das zweite System bezieht sich auf die
Beseitigung aller Ein- und Ausfuhrverbote. Beide Vertragssysteme
fanden die nachdrückliche Unterstützung der Stockholmer Konferenz
und im November 1927 wurde auf der (staatlichen) Genfer Handels-
konferenz eine Konvention beschlossen, welche zwar den Grundsatz
der Freiheit von Ein- und Ausfuhrverboten proklamiert, davon aber
sine stattliche Reihe von Ausnahmen besonderen Charakters für
einzelne Staaten und allgemeinen Charakters für alle Staaten,
wie solche Ausnahmen auch vor dem Kriege in Handelsverträgen
vorkamen. Es ist ein bescheidener, aber doch ein Fortschritt
der Rationalisierung des internationalen Verkehres, dem hoffentlich
dann doch bald andere folgen werden. In Ansehung des »Frem-
denrechtes« ist noch kein offizieller Konventionsentwurf ver-
einbart, ja es scheint, daß selbst auf einem so bescheidenen Teil-
gebiete, wie es der Visumzwang ist, die volle Freiheit der Vor-
kriegszeit noch lange auf sich warten lassen dürfte (offenbar wegen
der großen Arbeitslosigkeit in so manchem Staate).
Andere Fragen, die längst einer rationellen Erledigung bedurft
hätten, sind die Auswüchse, welche der handelspolitische Ge-
rauch der Eisenbahntarife (Ausfuhrförderung, Hemmung der
Einfuhr und fremder lästiger Durchfuhr) und der sogenannte
Administrativprotektionismus (Hemmung unerwünschter Ein-
fuhren durch Maßregeln der Steuer- und anderer Verwaltungs-
behörden) gezeitigt haben, in welcher Hinsicht eine Denkschrift des