Der Betrieb
Beurteilung der Preisbildung bei Waren, gehen Jurisprudenz und
Volkswirtschaftslehre stark auseinander.
Vermehrt wird die Schwierigkeit dadurch, daß das Wirtschaftsleben
keine scharfen Grenzen zwischen den einzelnen Erscheinungen kennt,
sondern vielfach Übergänge und Zwischengebilde zeigt, die einer strengen
Einteilung widerstreben. Gesetzgebung und Verwaltung müssen aber
das Anwendungsgebiet ihrer Maßnahmen genau begrenzen und sind
daher gezwungen, nach rein formalen Merkmalen eine künstliche Grenze
zu ziehen. Unter einer Fabriksindustrie versteht man wirtschaftlich
die Bearbeitung oder Verarbeitung von Rohmaterialien in selbständiger
Erwerbstätigkeit und mit technischer Arbeitsteilung in eigener Betriebs-
stätte (Fabrik), mit Maschinen und einer verhältnismäßig größeren
Zahl von Arbeitern. Das Gesetz kann eine so verschwimmende Bestim-
mung nicht brauchen und setzt daher beispielsweise fest, daß jeder
Betrieb mit mindestens zehn Arbeitern als Fabrik anzusehen ist, auch
wenn dadurch eine handwerksmäßige Schlosserei bloß deshalb zur Fabrik
wird, weil sie mehr als zehn Arbeiter beschäftigt, und auf der anderen
Seite vielleicht eine chemische Fabrik herausfällt, weil die Eigenart
ihres technischen Vorganges wenig menschliche Arbeit erfordert.
Schließlich ist nicht zu übersehen, daß die Praxis mit Rücksicht
auf Vorurteile der öffentlichen Meinung oft Ursache hat, durch unrichtige
Bezeichnungen die tatsächlichen Verhältnisse zu verschleiern. In Öster-
reich wurden im Hinblick auf die üble Bedeutung der Aktie unter der
Nachwirkung des Krachs von 1873 einzelne Aktiengesellschaften unter
dem Namen eines ‚Vereines‘ gegründet, in Deutschland wählte man
den Ausdruck „Syndikat“ für manches Kartell, unter dem Namen
„Bank‘‘ verbirgt sich oft eine ausgesprochene Haltegesellschaft usw.
Die Verwirrung wird aber nicht gemindert, sondern noch gesteigert,
wenn die Wissenschaft — und leider herrscht gerade im deutschen Sprach-
gebiete ein wissenschaftlicher Snobismus — Neubildungen von Worten
versucht, die doch nie allgemeine Aufnahme finden, sondern gerade
bei Fachkollegen auf eine mehr oder mindere lebhafte Abneigung stoßen.
Der Sprachgebrauch läßt sich nicht vergewaltigen, sondern nur be-
einflussen im Sinn einer größeren Klarheit und Genauigkeit.
Die wirtschaftliche Konzentration erfaßt Betriebe und Unter-
nehmungen, um aus ihnen eine größere und wirksamere Einheit zu bilden.
Daher ist es notwendig, sich zuerst mit diesen elementaren Begriffen
zu beschäftigen.
92. Der Betrieb
Die wirtschaftliche Tätigkeit besteht in der planmäßigen Befriedigung
menschlicher Bedürfnisse und scheidet sich nach zwei Richtungen,
der produktiven, welche die Schaffung von Gütern und anderen wirt-