Die Unmöglichkeit des Ausgleichs von Zahlungsbilanzsalden.
Gemünztes oder ungemünztes Gold kann zur Schuldausgleichung international
deshalb bequem benutzt werden, weil es fast überall Währungsmetall ist. Seine
hohen Versendungskosten und Zinsverluste während der Transportdauer wiegen
diesen Vorteil meistens auf, Außerdem steht es regelmäßig nicht in genügend
großer Menge zur Verfügung, weil es als Notendeckung im Inlande gebraucht wird,
sodaß trotz Goldwährungen das Gold nicht das „große Geld‘ im internationalen
Verkehr ist. Auch Sorten, Noten, Zinsscheine, Kreditbriefe, der Postanweisungs-,
Postscheck- und Postgiroverkehr mit dem Auslande treten an Bedeutung zurück.
Das „große Geld‘ des internationalen Zahlungsverkehrs sind Schecks, Wechsel
und Auszahlungen auf international bekannte Adressen lautend. Die Wechsel, wie
sie primär aus dem internationalen Warenverkehr entstehen, nehmen vielfach eine
Zwischenstellung ein, indem sie den Banken zur Bildung von Guthaben bei aus-
ländischen Banken dienen, aufgrund deren die vorstehend genannten Zahlungs-
mittel des großen internationalen Verkehrs erstellt werden. In den Inflations-
perioden der einzelnen Länder. und überhaupt in der Kriegs- und Nachkriegszeit
spielte die Goldbarzahlung eine größere Rolle, sodaß bekanntlich riesige Gold-
vorräte in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika sich anhäuften,
Um das Wesen des internationalen Zahlungsverkehrs zu erkennen, sei von den
Zahlen des deutschen Außenhandels für das Jahr 1913/14 mit Mark 10 Milliarden
Ausfuhr und 12 Milliarden Einfuhr ausgegangen. Dadurch werden der Argumen-
tation normale Wirtschaftsverhältnisse unterlegt, damit nicht der Gedanke ent-
steht, als ob die Ergebnisse unserer Beweisführung auf die besonderen Verhältnisse
der Nachkriegszeit zurückzuführen Wären, Andererseits gewinnt daraus der Leser
die Sicherheit, das Wesen der diesbezüglichen Nachkriegsverhältnissel) zu er-
kennen. In Wirklichkeit kommen die Zahlen der SOgenannten Zahlungsbilanz
in Frage, welche über die Summen des Ayßenhandels hinaus sonstige Schuld-
verhältnisse von Land zu Land mit berücksichtigt. Ständen ihre Zahlen exakt
zur Verfügung, SO könnten in der nachstehenden Darlegung ihre Debet- und
Kreditziffern statt der Summen des Außenhandels eingesetzt werden, ohne daß sich
dadurch die Argumentation im Grundsatz änderte,
Durch die Exporte entstanden in einem Jahr für 10 Milliarden Mark Gut-
haben und durch den Import für 12 Milliarden Mark Schulden im Auslande für
Rechnung Deutschlands. Von dem zu Anfang des Jahres zu Gunsten oder zu
Lasten Deutschlands bestehenden Saldo wird einstweilen im Interesse der Dis-
kussionserleichterung abgesehen; seine Bedeutung ergibt sich durch die Spätere Dar-
legung von selbst. Es wird also angenommen, daß das Jahr ohne Saldo beginnt. Der
Ausgleich der durch den Außenhandel entstehenden Schuldverhältnisse kann rein
theoretisch SO vor sich gehen, daß der Export für 10 Milliarden Mark Tratten auf
seine ausländischen Käufer zieht, diese an die deutschen Importeure verkauft,
Welche damit ihre Lieferanten im Auslande bis auf einen Rest von 2 Milliarden
Mark bezahlen. Diese Lieferanten sind die Exporteure des Auslandes, welche die
Tratten hei den bezogenen ausländischen Importeuren zur Zahlung vorlegen. Die
Wirkung des Zahlungsausgleichs besteht also darin. daß im
Inland der Export beim Import einkassiert
1) Vergleichsweise beläuft sich der deutsche Außenhandel der neueren Zeit auf
Einfuhr Ausfuhr . Schuld per Saldo
1925 12,3 8,8 83,5 Milliarden Mark
1926 9,9 9,8 0.1