Full text: Reparations-Sabotage durch die Weltwirtschaft

30 ©. Die Sabotage der Reparationszahlung durch den Mechanismus der Weltwirtschaft. 
der 2, Aggregatzustand erreicht; aus dem gasförmigen Schleier der zusätz- 
lichen Kaufkraft ist, wenn man wegen des bildhaften Ausdrucks so sagen will, der 
Hüssige Zustand geworden, daß es zwar für die Gesamtheit und die juristische 
Form langfristige Anlage, für den einzelnen Engländer, Franzosen usw. aber kurz- 
Iristige Anlage ist, aus der er täglich durch Abstoßen der Wertpapiere wieder heraus- 
gehen kann, Wenn man genau zusieht, so bedeutet dieser Zustand, daß es diese 
letzten Übernehmer der deutschen Forderungen sind, deren durch entsprechende 
Leistungen entstandene Kaufkraft seinerzeit die englische usw. Regierung ver- 
oraucht hat, als sie mit den „Devisen‘“ des Reparationsagenten zahlte, statt die von 
ihr benötigten Güter durch den Zehnten einzuheben. Alle in der Zwischenzeit 
Jurchlaufenen Zwischenglieder waren Reibungsverluste, Man kann den 
2, Aggregatzustand viel einfacher haben, wie sich aus folgendem schematischen Bei- 
spiel ergibt: Im Ausmaß der deutschen „Zahlungen“ und insoweit solche erfolgen, 
gewährt die englische Regierung entsprechende Steuernachlässe mit der 
Auflage, daß ‚die verehrlichen englischen Landeskinder verpflichtet sind, 
deutsche Kapitaltitel pro rata der ihnen nachgelassenen Steuer von der 
Regierung zu kaufen, Dann sieht jedermann klar und deutlich, was es mit 
den deutschen Zahlungen auf sich hat. Wer den Betrag seiner nachgelassenen 
Steuer für andere Zwecke gebrauchen will, müßte einen Käufer für seinen Anteil 
an den deutschen Titres suchen und so des Käufers echte Kaufkraft an sich bringen; 
natürlich wären dann deutsche Titres nur mit einem Disagio abzustoßen, 
Für Deutschland hätte das Verfahren den ungeheueren Vorteil, daß für jede 
Mark Reparationssteuer im gleichen Augenblick — finanztechnisch gesprochen: — 
echtes privatwirtschaftliches Kapital zur Verfügung stände, gewissermaßen lange 
bevor es in entsprechender langfristiger Güteranlage investiert wäre, Der Kapital- 
zins würde dann in Deutschland außerordentlich tief sinken, denn es stände mehr 
langfristiges Sparkapital zur Verfügung als Unternehmer für langfristige Objekte 
vorhanden wären, Das wäre dann der richtige und gerechte Zustand: denn wenn 
ans ein Diktator zwingt, täglich nach seinem Willen 7, 8 Millionen Mark Kapital 
zu bilden, so muß daraus ein Kapitalüberfluß und in Gestalt niedriger Zinsen ;eine 
Anreizprämie für präsumptive Unternehmer in Deutschland entstehen, während 
ebenso zu Recht die englischen Nutznießer nur einen sehr niedrigen Zins erhalten 
und uns eigentlich selbst für den niedrigsten Zins noch dankbar sein müßten, weil 
sie selbst mit den Beträgen nichts anfangen können, 
In diesem Falle ist uns die Kapitalbildung für Rechnung ausländischer Hände 
auch deshalb erwünscht, weil wir weniger Zinsen zu zahlen hätten, als wenn die 
Kapitalbildung ohne Zwang und für deutsche Hände, also als gewöhnliche Kapital- 
pildung, erfolgte, weil die letzteren Hände voraussichtlich nur bei höherem Zins 
sparen würden. Daß durch diesen Vorteil die kulturellen Störungen der Reparations- 
kapitalbildung aufgewogen würden, soll damit nicht gesagt sein. 
Daß zur Zeit und unter der Herrschaft des ersten Aggregatzustandes es genau 
umgekehrt ist, also sinnlos hohe Zinsen und angeblicher Kapitalmangel in Deutsch- 
land herrschen, ist auf falsche Theorien bzw. falsche theoretische Auffassungen der 
Praktiker im Ausland und in Deutschland zurückzuführen, Die herkömmliche Auf- 
fjassung der Praxis und zum Teil der Theorie ist gegenüber der Zwangssparerschei- 
nung der Reparationen ähnlich falsch wie die Auffassung, welche den Mond sich 
als Scheibe oder gar als Sichel vorstellt, weil man seine Kugelgestalt mit dem Auge 
nicht erkennen kann. Wer ein wenig anspruchsvoll ist, muß sich sagen, daß aus 
ainer Scheibe nicht beliebig eine Sichel und umgekehrt werden kann; der praktische 
Bankier müßte sich, wenn er logisch ein wenig anspruchsvoll ist, ebenso sehr .bald
	        
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