Full text: Das Jungdeutsche Manifest

heimlichen war, daß die alte Führerschaft Fehler auf Fehler gehäuft 
hatte. Die Führer des Widerstandes malten die neue staatliche Ord— 
nung der Demokratie als den Inbegriff der Gerechtigkeit und des 
Blückes aus. Die Durchführung des Versprechens „den Tüchtigen 
freie Bahn“ sah das Volk nur noch in der Umwandlung des Staates 
zur modernen Demokratie. Die Wahl der Führerschaft wurde zum 
Inbegriff der Demokratie an sich. Gestaltung der Führerschaft durch 
Wahl wurde Trumpf selbst in den monarchistischen Vereinen und 
Bünden. 
Bald hat es sich gezeigt, daß das wahre Wollen des Volkes mit 
der höheren Bedeutung der Wahlführerschaft gegenüber der Beamten— 
führerschaft durchaus nicht erfüllt war. 
Die Wahlführerschaft zeigte sich den zugedachten 
Aufgaben nicht gewachsen. 
Ihre Herkunft aus dem parteiistischen System und ihre Verbun— 
denheit mit den streitenden Parteien führte sie in politische Gegen— 
fätze, welche heute kaum überwindbar erscheinen. Die auf parteiistischem 
Wege geschaffene Wahlführerschaft steht sich in zwei großen Haupt— 
gruppen kämpfend gegenüber. Die Hauptgruppen selbst zersetzen sich 
weiter. Die Erfahrung hat gelehrt, daß Uneinigkeit und Verworren⸗ 
heit die natürliche Beigabe einer Wahlführerschaft sind, die nach den 
heutigen parteitistischen Grundsätzen gebildet wirbd. An Stelle der 
„freien Bahn den Tüchtigen“ offenbart sich in dieser Wahlführerschaft 
die ganze Tragik des modernen Parlamentariertums. Die Tragihk be—⸗ 
steht in der fortschreitenden Ohnmacht, Wurzellosigkeit, oben wie 
unten, d. h. in der Leitung des Staates sowie in der Führung der 
Gefolgschaft. 
Die natürliche Folge ist die Ablehnung des Volkes, die sich in 
der zunehmenden Parteifeindlichkeit offenbart. 
Die Form der deutschen Staatsgestaltung ist rein 
äußerlich geändert worden. Die Struktur ist dieselbe 
geblieben. Die wirkliche Führung liegt nach wie vor 
in den Händen der Beamternführerschaft. 
Die oberste Spitze dieser Beamtenführerschaft, deren außerordent⸗— 
liche Macht bereits gekennzeichnet wurde, unterstand früher einer 
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