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Die Fuͤhrung der Herzen
Der in der Gemeinschaft entstandene Führer ist gezwungen, sich
durch die Macht seiner Persönlichkeit vor seiner Gemeinschaft zu
behaupten.
Die Macht ist für ihn kein vom Staate verliehenes
Werkzeug, sondern ein Ergebnis der Vertreuung und
Bindung zwischen Führer und Gefolgschaft.
Aus diesem Grund kann ein solcher Führer auch nicht an den
Herzen seiner Geführten vorübergehen, sondern er muß in sie ein⸗
dringen. Er muß danach trachten, durch eine liebevolle, gerechte, pein⸗
liche und fürsorgliche Tätigkeit tiefinnerliche Bindungen zwischen sich
und den Seinen herzustellen. Dies ist nur dann möglich, wenn er
die Fähigkeit besitzt, den ihm unterstellten Staatsbürgern der väter⸗
liche Freund für das perfönliche Leben und der achtunggebietende
Fuührer für die Belange des Volksganzen zu sein. Also ist innere
Verflechtung in Vertrauen und Achtung die Grundlage seiner Stel⸗
lung als Führer im Volke. Wenn sich die Gefolgschaft eines Führers
aus Untertanen zusammensetzt, ist es ihm möglich, seine Macht auf
den selbstverständlichen Pflichten der einzelnen Geführten gegenüber
ihm als dem Vertreter des Staates aufzubauen. Wenn aber die
Gefolgschaft aus Staatsbürgern besteht, ist dies nicht möglich. Der
Führer einer Gemeinschaft von Staatsbürgern muß seine Macht auf
höhere sittliche Werte gründen. Er bedarf höherer Fähigkeiten,
um seiner Tätigkeit gerecht zu werden. Wo es ihm gelingt, mit
diesem Staatsbürgertum innerlich verbunden zu werden und auf
dieser Bindung seine Macht aufzubauen, löst er politische Kräfte aus,
welche weit über den Rahmen der Pflichttreue ehrbarer Untertanen
hinweggehen.
In diesem Verhältnis zwischen Führer und Ge—
folgschaft wird die Einheit von Volk und Staat im
VBolksstaat vorbereitet.
Für das deutsche Volk hat der Begriff Staat eine besondere
Prägung angenommen. Die Berührung mit den Einrichtungen des
modernen Staates drängt dem gewöhnlichen Staatsbürger die Über—
zeugung auf, daß er nur eine Nummer in der Masse ist, für welche
die Staatseinrichtung zu sorgen hat. Eine wirkliche innere Ver—
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