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Im Volksstaat der Zukunft ist das Staatsbürgertum
der höchste Beruf. Nicht die Freiheit ist die Grundlage
der Auffassung von diesem Berufe, sondern die Pflicht.
Die Freiheit ist deshalb notwendig, damit diese Pflicht auch von
ledem Einzelnen ohne jeden Zwang von außen, nur dem Trieb eines
ehrlichen Gewissens folgend, erfüllt werden kann. Dieses wahre Staats-
bürgertum kennt keine staatsbürgerlichen Rechte, die nicht mit der
Erfüllung der staatsbürgerlichen Pflichten verbunden sind.
Staatsbürger ist nur der, welcher seine Pflichten,
die ihm die Mitverantwortlichkeit an der Regierung
des Landes auferlegt, voll und ganzerfüllt.
Wer hemmungslos frei und ungebunden sein will, hat kein Recht,
andere zu binden. Er ist schlechthin Bürger, aber nicht Staatsbürger.
Das staatsbürgerliche Recht
Das staatsbürgerliche Recht besteht in der grund—
sätzlich allen Staatsbürgern gleichen Berechtigung, in
verfassungsmäßig vorgeschriebener Forman Regierung
und Gesetzgebung mitzuwirken. Die staatsbürgerliche
Pflicht besteht in der vorschriftsmäßigen Mitarbeit an
allen Körperschaften, in denen das organisierte Staats—
bürgertum seine Mitarbeit am Staate ausübt.
Nach der Lehre vom Volksstaat kann keine unorganisierte Masse
staatsbürgerliche Pflichten ausüben. Erst die Organisation macht sie
fähig, ihren eigenen Willen zu gestalten und auszudrücken. Der
heutige Staatsbürger erkennt die Notwendigkeit der Organisation auf
dem Gebiete des Wirtschaftslebens, des kulturellen Lebens, des Ver—
einslebens und des Parteilebens an. Er versagt aber diese Vor—
bedingung jeder positiven Tätigkeit dem wichtigsten Gebiet seiner
Gesamtinteressen, dem Staat.
Die staatsbürgerliche Betätigung des Staatsbürgers hat nur dann
einen Sinn, wenn er sie frei von jedem Zwang seines Gewissens und
aus eigenem Antriebe vollzieht. Es muß daher jeder Zwang zur
staatsbürgerlichen Tätigkeit vermieden werden. Die freiwillige ÜUber—⸗
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