Full text: Statische oder dynamische Zinstheorie?

4. 
Wirtschaftsleben überhaupt unerklärlich sind, man sie sich 
überhaupt nicht vorstellen kann, da die hier den Wirtschafts- 
ablauf bestimmenden Wirtschaftssubjekte für derartige Dinge 
nicht zu haben sind. Deutlich zeigt sich hier, daß wir es mit 
zwei Erkenntnisobjekten — Wirtschaft ohne und Wirtschaft 
mit Unternehmer — zu tun haben, denn wenn ich auch von der 
Konstanz der Daten absehe, so gelange ich immer noch nicht 
zur Dynamik, da die statischen Wirtschaftssubjekte sich Daten- 
änderungen einfach passiv anpassen. Man erkennt aber auch, 
daß gegenüber der ‚Definition der Statik in Schumpeters 
„Wesen“ eine Begriffsverschiebung stattgefunden hat*). Dort 
wird die Statik durch das Gegebensein von Güterquantitäten 
und Wertfunktionen gekennzeichnet, und die Dynamik beginnt 
dort, wo die Infinitesimalmethode versagt”), grob ausgedrückt 
also dann, wenn sich die Daten ändern. Jetzt aber beginnt die 
Dynamik nicht schon dann, wenn sich die Daten ändern, wenn 
man mit Hilfe der Infinitesimalmethode nichts mehr Präzises 
aussagen kann, sondern erst dann, wenn man sich den Daten- 
änderungen nicht mehr passiv anpaßt®). Uns scheint recht 
fraglich, ob es hier nicht nur unmöglich wird, stets exakte Aus- 
sagen zu machen, sondern ob hier, in dieser weiteren Zone der 
Statik, nicht auch Erscheinungen auftreten können, die sich 
in der reinsten Statik nicht zeigen, und es daher gefährlich 
ist, die Aussagen für. letztere auch ohne weiteres auf die 
erstere auszudehnen — ein Einwand, den wir im Anschluß an 
Böhm-Bawerk wiederholen‘) und an den wir uns bei Diskus- 
sion des Zinsproblems erinnern wollen. 
Welchen prinzipiellen: materiellen Inhalt man Statik und 
Dynamik gibt, ist der Willkür des einzelnen Autors überlassen. 
Wir können deshalb auch nicht sagen, daß Schumpeters 
Einteilung absolut richtig oder falsch sei. Es kommt hier nur 
auf ein „zweckmäßig“ oder „unzweckmäßig‘“ an. Es ist zu 
entscheiden, ob diese oder jene Einteilung uns bei dem Versuche, 
etwas Ordnung in die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen des 
ı) Vgl. hierzu Streiler, Statik und Dynamik, S. 86/7. 
?) Schumpeter, Wesen, S. 456ff. 
ı) Schumpeter, Entwicklung, S. 94, 96, 99, 119 Anm, 19. 
ı) Böhm-Bawerk, Eine „dynamische‘‘ Theorie des Kapitalzinses, S, 14. 
Jeinze, Statische oder dynamische Zinstheorie?
	        
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