Full text: Frédéric Le Play in seiner Bedeutung für die Entwicklung der sozialwissenschaftlichen Methode

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*) 0. E. I, 401. 
dieser Studien bildete das Baccalaureats-Exämen, das er 1822 be 
stand. 
Höheres technisches Studium. Es handelte sich jetzt darum, 
einen Beruf zu erwählen. Ein früherer Schulkamerad, der die Ecole 
Polytechnique zu Paris besuchte, riet ihm, die technische Laufbahn 
einzuschlagen. Ihre Aussichten reizten Le Play, wenn auch die Zeit 
der Unabhängigkeit damit sehr hinausgeschoben wurde. Er wollte 
deshalb zunächst seine Fähigkeiten prüfen lassen und wandte sich 
an einen alten Familienbekannten, den Chef-Ingenieur für Brücken 
und Chausseen Dan de la Vauterie. Dieser nahm nach einem Monat 
der Prüfung, der den Erfolg garantierte, Le Play zu sich und be 
reitete ihn während des Jahres 1823 auf das Pariser Studium vor. 
In Dan de la Vauterie fand Le Play einen Lehrer mit viel 
seitigen Interessen, der die hohen Anforderungen, die er an das 
Pflichtgefühl anderer stellte, auch selbst erfüllte. 
Nach seiner Ansicht hatten die Staats-Ingenieure nach Erfüllung ihrer 
Berufspflichten noch die moralische Verpflichtung, sich dem Gemeinwohl un 
entgeltlich nützlich zu erweisen, wie es die Grundbesitzer in England und in 
anderen nordischen Staaten tun. 
Demgemäß war der Tag eingeteilt in Berufsarbeiten und in wissen 
schaftliche Studien. Die Berufsarbeit begann morgens um 4 Uhr 
und dauerte bis 2 Uhr; daran schlossen sich von 4 Uhr nachmittags 
bis 9 Uhr abends literarische, soziale und andere wissenschaftliche 
Studien an, wofür eine reiche Bibliothek zur Verfügung stand. 
In diesem Jahre wurde Le Play auch für die Sozial Wissen 
schaft vorbereitet 1 ). Im Vordergründe des außerberuflichen Unter 
richts stand die soziale Reform. Zu dem Zwecke wurden solche 
Schriftsteller besonders gelesen, die zuzeiten großer Verderbnis ge 
lebt hatten, wie z. B. Cicero und Montaigne. Sie waren geeignet, 
Licht auf die zeitgenössische Verderbnis zu werfen. Sein Lehrer 
zeigte ihm, wie er unausbleiblich auf Irrwege geraten Avürde, wenn 
er sich von den politischen Leidenschaften beherrschen ließ, die die 
großen Schulen in Paris, wo er 6 Jahre leben sollte, in Atem 
hielten. 
Er zeigte mir zu gleicher Zeit den Weg, auf dem unser Land die Wahr 
heit wiederfinden und den Frieden der Geister wieder hersteilen könnte. Die 
Kegel, die er mir gab, ist genau diejenige, die ich befolgt habe. Sie ist mehr
	        
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